Infos zu Fritz Bauer September 2024

22.09.2024

Liebe Interessierte des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)

  1. Einweihung des neuen Fritz Bauer Platzes in Braunschweig verschoben
    Am 10. September 2024 sollte die Eröffnung des neuen Fritz Bauer Platzes in Braunschweig stattfinden. Die Bauarbeiten waren Ende August beendet. Aufgrund der Witterungsverhältnisse (wegen der andauernden Hitzephase konnte keine Bepflanzung erfolgen) wurde die Einweihung verschoben. Ein neuer Termin ist noch nicht bekannt.
    Der neue Fritz Bauer Platz liegt in der Nähe des Domes gegenüber dem Ruhfäutchenplatz. Bisher war es nur ein Fußgängerweg auf der Rückseite der ehemaligen Bezirksregierung. Im Anhang ist ein Schreiben des Baureferates der Stadt Braunschweig zum Sachstand Fritz Bauer Platz (vom August 2024) zu finden.                                          Anhang 1
    Bis zum 20. September lief außerdem ein Gestaltungswettbewerb für eine neue Fritz Bauer Plastik, die am neuen Platz aufgestellt werden soll. Fünf Künstler/innen wurden dafür ausgewählt. Am 8.Oktober wird eine Jury eine Auswahl für den Siegerentwurf treffen.
  1. Theaterstück zu Fritz Bauer: „Fritz Bauers Ultras“ im Staatstheater Braunschweig
    Am 15.11.2024 findet im Kleinen Haus die Premiere zum Theaterstück „Fritz Bauer Ultras“ statt. Mit einer Einführungsmatinee am So, 27.10.2024, um 11.15 Uhr.
    https://staatstheater-braunschweig.de/produktion/fritz-bauer-ultras-at
    Ein Projekt von xweiss. Geplant sind zahlreiche Aufführungen vom 15.11.2024 – 14.02.2025.
  1. Fritz Bauer Institut (Frankfurt)
    – Mi, 9.10.2024, um 18.15 Uhr – Goethe-Universität, Casino-Gebäude, Raum 1.811
    „Zwischen Staatsräson und Pro-Palästina-Protesten“ – Geschichte und Gegenwart der deutschen Israel-Debatte“ – Ein Gespräch zwischen Prof. Dr. Meron Mendel (Direktor der Bildungsstätte Anne Frank) und Prof. Dr. Norbert Frei (Seniorprofessor und neue und neuere Geschichte an der Uni Jena).
    Hybridveranstaltung. Livestream auf YouTube: https://youtu.be/kLCA75g6WEs
    Was bedeutet es, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson erklärte? Ist das noch zeitgemäß? Und welche Verantwortung hat Deutschland gegenüber den Palästinensern?

– Mi, 23.10.2024, um 18.15 Uhr – Goethe-Universität, Casino-Gebäude, Raum 1.801
„Josef Wulf. Wie ein jüdischer Historiker an Deutschland und den Deutschen verzweifelte“ – Vortrag von Prof. Dr. Götz Aly
Joseph Wulf wurde 1912 als österreichisch-ungarischer Staatsbürger geboren und wuchs in Krakau auf. Seine Muttersprache war Jiddisch, seine Umgangssprache Polnisch. Nach einer Ausbildung zum Rabbiner versuchte er sich als Schriftsteller. Im Jahr 1940 schloss er sich im deutsch besetzten Polen einer jüdischen Kampforganisation an, wurde 1943 verhaftet und überlebte das Lager Auschwitz-Monowitz. Dort hatte er Deutsch gelernt. Kaum befreit, machte er sich mit einigen Verbündeten daran, die deutsche Schreckensherrschaft in Polen und den Mord an den Juden zu dokumentieren. In der bundesrepublikanischen Gesellschaft war er zunehmend isoliert. Am 10. Oktober 1974 – vor fünfzig Jahren – nahm er sich in Westberlin das Leben.
Weitere Infos unter https://www.fritz-bauer-institut.de/veranstaltungen

  1. Fritz Bauer Forum (Bochum)
    – Mi, 2.10.2024, von 17.00- 18.00 Uhr
    Baustellen-Führung am Fritz-Bauer-Forum. – Bei der Führung werden Historie des Ortes und seine neue Nutzung durch das Fritz Bauer Forum beleuchtet.
    Am Hauptfriedhof in Altenbochum entsteht das Fritz Bauer Forum als internationaler Ort für Forschung, Bildung, Kunst und Dialog in Bochum und steht kurz vor seiner Eröffnung im Frühjahr 2025. In Anlehnung an Fritz Bauers Lebenswerk fördert es die Auseinandersetzung mit Demokratie und Menschenrechten. Im Zentrum stehen die ehemalige Trauerhalle Havkenscheid, die zur Fritz Bauer Bibliothek wurde und der angrenzende frühere städtische Betriebshof, der zu Büro- und Veranstaltungsräumen ausgebaut wird. Der Entwurf stammt vom Bochumer Stadtbaumeister Ferdinand Keilmann (1907-1979), der Mitglied der NSDAP war. Nach 1945 durchlief Keilmann das Entnazifizierungsverfahren zweimal, danach wurde er ins Bochumer Hochbauamt berufen. Seit Herbst 2023 wird die Fritz Bauer Bibliothek als Veranstaltungsort genutzt und die Bücher ziehen nach und nach ein. Bei der Führung sollen nicht nur die Historie des Ortes und seine neue Nutzung durch das Fritz Bauer Forum im Mittelpunkt stehen, sondern auch der Baufortschritt des Hauptgebäudes des Fritz Bauer Forums und die zukünftigen Pläne.
    Kontakt: magdalena.koehler@fritz-bauer-forum.de
    Weitere Infos unter: https://shop.fritz-bauer-forum.de/produkt/baustellenfuehrung-fritz-bauer-forum-3/
  1. Forum Justizgeschichte
    „Deutsche Justiz im (Post)Kolonialismus“ – 26. Jahrestagung (27.9.- 29.9.2024) in der Richterakademie Wustrau
    Seit den 1990er Jahren wächst in der Geschichtswissenschaft das Interesse am deutschen Kolonialismus, wie eine zunehmende Zahl an Veröffentlichungen zeigt. Für die Rechts- und insbesondere die Justizgeschichte lässt sich das noch nicht sagen: Den Entwicklungen in den Geisteswissenschaften, der Erinnerungskultur und der öffentlichen Debatte etwa um Straßennamen folgen die hiesigen Jurist:innen – zumindest jenseits des Völkerrechts – nur zögerlich.
    Dass es einmal Bezirksgerichte in Daressalam oder Lomé und Obergerichte in Kiautschou oder Samoa gab, wo deutsche Juristen handels-, familien- oder strafrechtliche Fälle entschieden, scheint in der deutschen Rechtsgeschichte weitgehend vergessen. Öffentlich erinnert wurde immerhin der Justizmord an Rudolf Duala Manga Bell durch das Bezirksgericht Duala 1914. Auch Gerichte in der Metropole bis hin zum Reichsgericht hatten mit Rechtsstreitigkeiten zu den deutschen „Schutzgebieten“ zu tun, sogar noch nach dem Ende der direkten Kolonialherrschaft.
    Die 26. Jahrestagung des Forum Justizgeschichte widmet sich erstens der Rolle des Rechts und der Justiz im deutschen Kolonialismus. Zweitens will sich die Tagung befassen mit Fortwirkungen (kolonial)rassistischen Rechts und Rechtswissens von Weimar bis zur Bundesrepublik, zum Beispiel im Staatsangehörigkeits- oder Gefahrenabwehrrecht. Drittens soll der Umgang mit Kolonialverbrechen bis heute in den Blick genommen werden – also Bereiche wie Entschädigung und Restitution, auch die justizielle Erinnerungskultur. Denkbar ist ein Seitenblick auf beispielsweise die britische, französische oder belgische Kolonialjustiz, im Mittelpunkt soll aber das unterbelichtete deutsche Kolonialrecht stehen.
    https://www.forumjustizgeschichte.de/kategorie/veranstaltungen/tagung/
  1. Hans-Ernst Böttcher: Richard Schmid – Anwalt der illegalen Sozialistischen Arbeiterpartei
    Im Anhang ist eine Skizze von Hans-Ernst Böttcher über Richard Schmid, der 1945 Generalstaatsanwalt in Stuttgart wurde und vor 1933 enge Kontakte zu Fritz Bauer und Kurt Schumacher hatte. Böttcher hatte Schmid noch persönlich kennengelernt.                      Anhang 2
    Das Forum Justizgeschichte verleiht seit einigen Jahren den Richard-Schmid-Preis, um die Verdienste des Juristen zu würdigen. Die diesjährige Preisträgerin ist Dr. Katharina Stegel (Fritz Bauer Institut) für ihr Buch „Die Überlebenden vor Gericht. Auschwitz-Häftlinge als Zeugen in NS-Prozessen (1950- 1976).
    https://www.forumjustizgeschichte.de/richard-schmid-preis-2024/
  1. NS-„Euthanasie“
    – Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation
    Herbsttagung 2024 im Bezirksklinikum Mainkofen (bei Deggendorf/ Niederbayern), 25.-27.10.2024
    Themenschwerpunkte: Inklusive Vermittlungsarbeit/ Implementierung der NS-Euthanasie in Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen/ der Umgang und die Zusammenarbeit mit Angehörigen der Opfer/ die Geschichte der Forensik im Nationalsozialismus
    Programm und Anmeldung siehe Anhang:                         Anhang 3
    Frühjahrstagung 2025 in der Gedenkstätte Pirna/ Sonnenstein vom 9.- 11.Mai 2025
    Infos zu beiden Tagungen unter www.ak-ns-euthanasie.de

– Bericht zur Frühjahrstagung 2024 des AK „Euthanasie-Forschung“ im Klinikum Haar (München)
von Udo Dittmann (mit einer ausführlichen Darstellung des Workshops über Werner Catel und Theodor Hellbrügge)               Anhang 4

– F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig
Figurentheaterspiel im Deutschen Theater Berlin von und mit Nikolaus Habjan (Wien)
Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter nicht fähig, die Familie zu ernähren: Als Kind landet Friedrich Zawrel (1929 – 2015) erst im Heim, schließlich im Spiegelgrund, jener berüchtigten „Kinderfachabteilung“ des Deutschen Reiches in Wien, in der Euthanasiemorde an kranken und behinderten Kindern begangen wurden. Vom Anstaltsarzt Dr. Gross wird Zawrel als „erbbiologisch und sozial minderwertig“ eingestuft und mit medizinischen Experimenten gequält, doch kann er eines Tages mit der Hilfe einer Krankenschwester aus der Anstalt entkommen. Als Halbwüchsiger lebt er auf der Straße, im Nachkriegswien folgt eine Karriere als Kleinkrimineller. Diese bringt ihn wiederholt ins Gefängnis und immer wieder vor psychiatrische Gutachter, bis er eines Tages seinem ehemaligen Peiniger gegenübersitzt, der ihm einen Deal anbieten will. Doch Zawrel lässt sich nicht bestechen. Allerdings kommt es erst im Jahr 2000 kommt zu einem Gerichtsverfahren, das wegen einer angeblichen Demenz von Gross eingestellt wird. Dieser kann sich an nichts mehr erinnern …
Der Figurentheaterabend von Nikolaus Habjan und Simon Meusburger entstand auf der Basis von erlebter Geschichte: Friedrich Zawrel, dieser so liebenswerte, humorvolle und resiliente Wiener, erzählte als hochbetagter Zeitzeuge bis zu seinem Tod im Jahr 2015 vor Schulklassen und bei anderen Gelegenheiten, was ihm widerfahren ist.
Das Ergebnis ist ein dramatisches, berührendes und theatral packendes Stück Erinnerungsarbeit. Die Inszenierung erhielt den Nestroy-Preis 2012 in der Kategorie Beste Off-Produktion und wurde bislang von Nikolaus Habjan mehr als sechshundertmal gespielt: Friedrich Zawrel, er lebt weiter in der Klappmaulpuppe von Nikolaus Habjan.
Aufführungen vom 12.November 2024 – 14.Mai 2025
https://www.deutschestheater.de/programm/produktionen/f-zawrel-erbbiologisch-und-sozial-minderwertig

  1. Literatur
    Dagmar Herzog: „Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte“. Suhrkamp-Verlag. Berlin 2024
    In einem Text über „Eugenik und Euthanasie in Deutschland“ geht Jürgen Klute auch auf das neue Buch von Dagmar Herzog ein. Er schlägt dabei einen Bogen von der UN-Behindertenkonvention, die Deutschland 2009 ratifiziert hat, bis zur Geschichte der Eugenik und NS-Euthanasie.           Anhang 5
    https://www.forum.eu/fundstuecke/eugenik-und-euthanasie-in-deutschland 

Peter Selg: Heilpädagogik oder „Kindereuthanasie“? Karl Königs Auseinandersetzungen mit Werner Catel. Witten. 2021.
In den Jahren 1957- 1964 gibt es einen Briefwechsel zwischen Werner Catel, einem früheren Gutachter der Kindereuthanasie, und Karl König, einem jüdischen Arzt, Anthroposoph und Begründer der Camphill-Bewegung. König ahnt nichts von der Vorgeschichte Catels. Als dieser 1962 sein Buch über „Grenzsituationen des Lebens. Beitrag zum Problem der begrenzten Euthanasie“ herausgibt, nimmt König entschieden dagegen Stellung. 

Michel Friedman: Fremd. Berlin-Verlag.2022. (4.Auflage)
In Gedichtform beschreibt Friedman Stationen seiner Kindheit und Jugend. In erschreckender und berührender Weise entsteht das Bild einer Kindheit, das zugleich auch eine Anklage ist. 

  1. Fritz Bauer Freundeskreis
    Das nächste Treffen des Fritz Bauer Freundeskreises ist am Montag, den 30.September 2024, um 17 Uhr im DGB-Haus Braunschweig, Wilhelmstraße 5.

Zu Gast ist Hans-Ernst Böttcher, Präsident des Landgerichts i.R. Lübeck, der einen Vortrag über Richard Schmid mit dem Titel „Im Kampf um des Menschen Rechte – Richard Schmid, ein Mitstreiter und Freund von Fritz Bauer“ halten wird.                                           Anhang 6

Anbei ein Hinweis auf ein weiteres Treffen des Freundeskreises. Am Montag, den 25.11.2024, wird Katharina Rauschenberger vom Fritz Bauer Institut einen Vortrag halten zum Thema „Fritz Bauer und ‚der Widerstand des kleinen Mannes‘ – der Kampf um die Demokratie in der postnationalsozialistischen Bundesrepublik“.                                                Anhang 7

Viele Grüße

Udo Dittmann