Liebe Interessierte des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)
- Zum Umzug des Fritz Bauer Platzes in Braunschweig
Dass ein ganzer Platz in einer Stadt umzieht, ist schon eine ungewöhnliche Angelegenheit. Nun ist die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig vom Domplatz zum Ruhfäutchenplatz in Braunschweig umgezogen und wollte ihre Adresse „Fritz Bauer Platz 1“ mitnehmen. Allerdings ist dort kein eigentlicher Platz, sondern nur ein Bürgersteig mit Parkplätzen. Der Bezirksrat Innenstadt hatte etwas widerwillig dem Wunsch der Generalstaatsanwaltschaft zugestimmt, weil sie das Anliegen verstehen konnte. Nun mahnt der Bezirksrat jedoch an, dass der Platz auch entsprechend gestaltet wird. Ein Wunsch des Fritz Bauer Freundeskreises wäre zusätzlich, dass auch inhaltlich zum Ausdruck kommt, dass die Staatsanwaltschaft zu Fritz Bauer steht. Veranstaltungen oder Vorträge kämen da in Frage, aber auch eine Umbenennung des Schwurgerichtssaals im Landgericht in „Fritz Bauer Saal“. Da ist bisher wenig passiert.
„Wie kann man den neuen Fritz-Bauer-Platz aufwerten?“ Aus BZ vom 21.04.2023 Anhang 1
In Heidelberg gibt es seit Juli 2022 einen neuen Fritz Bauer Platz
Am 21.Juli 2022 hat der Gemeinderat Heidelberg beschlossen, den Platz vor dem Justizzentrum an der Kurfürstenanlage in Heidelberg nach Fritz Bauer zu benennen.
https://www.heidelberg.de/hd/HD/service/21_07_2022+heidelberg_+gemeinderat+beschliesst+namen+fuer+zwei+neue+strassen+und+einen+platz.html
https://www.die-stadtredaktion.de/2022/07/rubriken/politik/gemeinderat/fraktionen/b90-grune/platzbenennung-nach-fritz-bauer
Zur Umbenennung der Hindenburgstraße in Fritz Bauer Straße in Darmstadt
Die Hindenburgstraße in Darmstadt ist nun endgültig in Fritz-Bauer-Straße umbenannt worden.Allerdings stimmten 90 % der Anwohner*innen dagegen, wahrscheinlich weil eine Umbenennung mit einigen Umständen für sie verbunden ist. Das ist schade. In dem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 3. Mai ist angemerkt, dass weitere Umbenennungen erfolgen sollten, darunter eventuell auch die Stauffenbergstraße. Das wäre schon eigenartig, da es gerade Fritz Bauer darum ging, Stauffenberg und die Widerstandskämpfer des 20. Juli zu rehabilitieren. Anhang 2
- Fritz Bauer in Theater und Oper
In Gießen ist ein neues Theaterstück zu Fritz Bauer zu sehen. Auf der Grundlage des Filmes „Der Staat gegen Fritz Bauer“ von Lars Kraume wurde ein Theaterstück entworfen, das sich eng an die Vorlage des Filmes hält. In der Hessenrundschau war allerdings die Bewertung sehr ambivalent. Teilweise gleite das Stück ab in eine Art „Böhmermann-Humor“. Dazu ein kurzer Beitrag aus hr2 mit der Überschrift „Zu lustig: ‚Der Staat gegen Fritz Bauer‘ in Gießen“ (hr2 vom 27.04.2023) sowie ein Audiostream zu dem Theaterstück (8:58 min)
„Zu lustig: „Der Staat gegen Fritz Bauer“ in Gießen 2015 setzte Lars Kraume dem Generalstaatsanwalt mit „Der Staat gegen Fritz Bauer“ ein filmisches Denkmal. Das Politdrama zeigt Bauers akribische Suche nach Adolf Eichmann, dem meistgesuchten Nazi-Verbrecher, der hier vor Gericht gebracht werden soll. Im Deutschland der 1950er Jahre fehlt es aber an Unterstützung zur Aufklärung der Nazi-Verbrechen, Verdrängung und Denunzierung herrschen vor.
Nun ist der Stoff als Theateradaption in Gießen zu sehen – und gleitet in eine Art Jan-Böhmermann-Humor ab. Sehr schade, findet hr2-Kritikerin Natascha Pflaumbaum – und schlägt vor, dass die beiden Schauspieler, die Fritz Bauer und Karl Angermann darstellen, die Inszenierung von Jenke Nordalm crashen sollten!“
Zu lustig: „Der Staat gegen Fritz Bauer“ als Theater[zur hr2.de Audioseite ]
Außerdem ist in Frankfurt eine Oper zu Fritz Bauer für 2024 geplant, Diese Info gab Tobias Freimüller, stellvertretender Direktor des Fritz Bauer Institutes, auf der Mitgliederversammlung des Fördervereins des Fritz Bauer Institutes. Man darf gespannt sein, was noch alles zu Bauer kommen wird.
- Das Fritz Bauer Institut und die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Frankfurter Sparkasse – ein schwieriges Kapitel
Das Fritz Bauer Institut in Frankfurt steht vor einer schwierigen Aufgabe. Es soll die NS-Vergangenheit der Frankfurter Sparkasse aufarbeiten. Das Problem: Die Frankfurter Sparkasse feiert in diesem Jahr ihr 200jähriges Jubiläum und hatte den Historiker Dr. Ralf Roth zur Erstellung einer Festschrift beauftragt. Dieser hatte allerdings ausführliche Recherchen zur NS-Zeit angestellt und zahlreiches belastendes Material gefunden, was die Bank – anders als andere Banken – bisher nicht aufgearbeitet hatte. Als Roth darauf bestand, die NS-Zeit ausführlich zu behandeln, wurde er entlassen. Im Herbst 2019 gab der Vorstand der Bank den Auftrag an das IBF (Institut für Bank- und Finanzgeschichte), die zwei Autoren fand, die bereit waren, eine Festschrift ohne das belastende Material zu erstellen. Roth wurden von den IBF-Historikern „Versäumnisse“ vorgeworfen. Es kam zum Rechtsstreit sowie zu Beiträgen im „Spiegel“ und der „Frankfurter Rundschau“, in denen darüber berichtet wurde. Als der Konflikt eskalierte, wurde das Fritz Bauer Institut beauftragt, die historische Aufarbeitung der NS-Geschichte der Frankfurter Sparkasse zu übernehmen.
Auf der Mitgliederversammlung des Fördervereins des Fritz Bauer Institutes wurde das Thema leider nur kurz angesprochen, da formale Aufgaben im Vordergrund standen. Man wird sehen, wie das Institut die schwierige Aufgabe löst. Vor allem eine Rehabilitation des kritischen Historikers Roth – auch vom Fritz Bauer Institut – steht noch aus.
Inzwischen gibt es eine aktuelle kommentierte Dokumentation des Vorgangs mit Pressespiegel von Benjamin Ortmeyer „Zur Auseinandersetzung über die judenfeindlichen Aktivitäten (Raub und Enteignung) der Frankfurter Sparkassen in der NS-Zeit“ (Mai 2023).
Dazu auch der Bericht aus dem Spiegel vom 19.3.2022 „Unter Räubern“ Anhang 3
https://benjaminortmeyer.de/2023/01/01/auseinandersetzung-ueber-die-judenfeindlichen-aktivitaeten-der-frankfurter-sparkassen/
- Fritz Bauer: Die Humanität der Rechtsordnung (Ausgewählte Schriften)
Es wird zwar viel über Fritz Bauer geschrieben, aber seine Texte sind nur wenigen bekannt. Dabei gibt es davon sehr viele. Gesammelt sind sie als „Kleine Schriften“ in zwei Bänden (herausgegeben von Lena Folyanti und David Johst). Sie umfassen 1873 Seiten und stehen inzwischen auf der Webseite des Campus Verlages kostenlos als Download zur Verfügung.
https://www.campus.de/e-books/wissenschaft/geschichte/fritz_bauer-15419.html
Irmtrud Wojak und Joachim Perels hatten 1998 eine Sammlung ausgewählter Schriften von Bauer unter dem Titel „Die Humanität der Rechtsordnung“ herausgegeben (erschienen auch im Campus Verlag, in der Wissenschaftlichen Reihe des Fritz Bauer Institutes, Band 5). Leider ist diese Ausgabe nicht mehr erhältlich (auch nicht antiquarisch). Man könnte dies Buch als eine Art „Volksausgabe“ von Bauers Texten bezeichnen, übersichtlich und gut lesbar, während die gesammelten „Kleinen Schriften“ eher der Forschung dienen. Es wäre wünschenswert, wenn das Fritz Bauer Institut einmal diese handliche Ausgabe neu herausgeben würde, um auch dem Normalbürger die Gelegenheit zu geben, die Texte von Bauer – die durchaus interessant und lesenswert sind – kennenzulernen.
https://www.fritz-bauer-institut.de/publikation/die-humanitaet-der-rechtsordnung - Fritz Bauer Institut – Zum 120. Geburtstag Fritz Bauers (16.Juli)
Anlässlich des 120.Geburtstag von Bauer findet am Mittwoch, den 12.Juli 2023 (18:15 Uhr) eine Veranstaltung in der Goethe-Universität Frankfurt mit einer Präsentation und einem Vortrag statt.
– „Fritz Bauer. Der Staatsanwalt“ – Eine Ausstellung geht online. Präsentation von Dr. Sara Berger
Die Fritz-Bauer-Ausstellung, die in zahlreichen Städten gezeigt wurde, ist nun digitalisiert.
– Fritz Bauer im Visier der extremen Rechten. Ein Forschungsbericht. Vortrag von Johannes Beermann-Schön und Dr. Katharina Rauschenberger
In den 1960er Jahren wurde gegen zwei Gruppierungen der extremen Rechten ermittelt, die beide planten, Fritz Bauer zu ermorden. Dazu gibt es am Fritz Bauer Institut ein aktuelles Forschungsprojekt.
Im Weiteren:
– „NS-Krankenmorde in den besetzten Gebieten Russlands“. Vortrag von Dr. Christina Winkler am Mi, 14.Juni.2023, 18:15 Uhr
– Den Helden geschaffen. Fritz Bauers Rückkehr ins kollektive Gedächtnis. Vortrag von Desirée Hilscher (Vortrag war wegen technischer Probleme ausgefallen/ wird nachgeholt).
- Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht (1961)
Das Buch von Fritz Fischer über die deutsche Kriegszielpolitik im 1. Weltkrieg ist eines der wichtigen Bücher der (west-)deutschen Geschichtsschreibung und führte die deutsche Geschichtsschreibung – nach Volker Ullrich – wieder an die internationale Forschung heran. Das Buch erschien 1961 und löste die sogenannte „Fischer-Kontroverse“ aus, wobei es um die deutsche Rolle im 1.Weltkrieg ging. Bis dahin gab es eine hauptsächlich konservative Geschichtsschreibung, die die deutsche Verantwortung für den Ausbruch des 1. Weltkrieges negierte. Fischer brachte neue Quellen ans Licht, u.a. das „September- Programm“ von Reichskanzler Bethmann-Hollweg (vom 9.Sept. 1914), in dem es um weitreichende Annexionen in Europa und Afrika ging.
Im Jahr des Prozesses gegen Eichmann und der Ermittlungen von Bauer zu Auschwitz wirkte das Buch von Fischer für viele wie ein Schock. Letztlich veränderte es die deutsche Geschichtsschreibung in einer Weise, die heute selbstverständlich erscheint.
Dazu ein kleiner Text über Fritz Fischer und die sogenannte „Fischer-Kontroverse“. Anhang 4 - Zur Einstellung von antisemitischen Verfahren bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft
Nachdem wiederholt ein Verfahren zu antisemitischen Vorfällen in Braunschweig eingestellt worden ist, hat das Ehepaar Gottschalk eine Petition „Judenpresse – Judenpack – Feuer und Benzin für euch“ am 24.März 2023 an den niedersächsischen Landtag geschickt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig konnte keine „antisemitische Hetze“ bei den Begriffen erkennen.
Die Petition ist zu finden im braunschweig-spiegel unter
https://braunschweig-spiegel.de/wp-content/uploads/2023/03/23-03-24-an-LT-Naber-Petition-JudenpresseAnl..pdf
In einem anderen Verfahren gab es allerdings eine Verurteilung. Hier hatte ein Vertreter der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ zu einer Demonstration vor der Braunschweiger Synagoge zu einer Mahnwache von 19:33- 19:45 Uhr aufgerufen. Auch hier hatte das Ehepaar Gottschalk geklagt. Dass es zu einer Verurteilung kam, nahm das Ehepaar mit Erleichterung auf, Siehe dazu einen Beitrag aus der TAZ: https://taz.de/Aufruf-zu-Kundgebung-vor-Synagoge/!5921682 - NS-Euthanasie
– „Mit den Schwächsten beginnen“ – Zum Gedenken an Prof. Dr.Dr. Klaus Dörner
Fachtagung in Gütersloh am 2./3. Juni 2023
https://www.apk-ev.de/fileadmin/downloads/Mit_den_Schwaechsten_beginnen_Programmflyer.pdf
– Frühjahrstagung des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation
Von Do, 8.Juni – Sa, 10.Juni 2023 in Berlin. Veranstaltungsort ist die Charité.
https://www.ak-ns-euthanasie.de/wp-content/uploads/2023/03/2023-eFlyer-JubilaeumstagungAK.pdf
– Bericht von der Herbsttagung des AK zur Erforschung der NS-Euthanasie und Zwangssterilisation in der Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg vom 11.- 13.11.2022 von Udo Dittmann Anhang 5
– Werner Brill: Über den vermeintlichen und realen Zusammenhang von Eugenik und „Euthanasie“. Das Beispiel Hilfsschule. Stichworte zu einem Vortrag von Werner Brill über die Hilfsschule in der NS-Zeit, gehalten auf der Tagung des AK „Euthanasie“-Forschung in der Gedenkstätte Lüneburg am 13.11.2023 – von Udo Dittmann Anhang 6
Heinz Faulstich: Hungersterben in der Psychiatrie (Neuerscheinung geplant)
Auf Nachfrage des Fritz Bauer Freundeskreises wird das Buch von Faulstich, eine Art Standardwerk zur Erforschung der Hungertoten im 1. und 2. Weltkrieg, vom Lambertus-Verlag neu als E-Book aufgelegt. Das Buch umfasst die Zeit von 1914 – 1949 und beschreibt u.a. die Hungerpolitik in der NS-Zeit in den Anstalten, die zu einer hohen Zahl an Toten führte.
Dazu ein Bericht aus der Berliner Zeitung von 1999, kurz nach dem Erscheinen des Buches im Jahr 1998.
https://www.berliner-zeitung.de/heinz-faulstich-ueber-das-hungersterben-in-den-psychiatrischen-anstalten-deutschlands-zwischen-1914-und-1949-da-brauchten-die-narren-erst-recht-nichts-li.18207
- Braunschweig
– „Demokratie braucht Demokraten“ – Daher bin ich zurückgekehrt“. Fritz Bauer (1903-1968). Vortrag von Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel am 6. Juni 2023, 18.30 Uhr, im Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte
– Vorstellung des Buches von Helmut Kramer: Schreibtischtäter und ihre vergessenen Opfer. Biographien aus der NS-Zeit und die Probleme institutionalisierter Gedenkkultur. mit Uwe Meier und Kerstin Lindner in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel, Dokumentationszentrum, am 16. Juni 2023, 19 Uhr
– „Verräter oder Helden?“ Fritz Bauer und der Prozess um den 20. Juli
Vortrag von Dr. Claudia Fröhlich in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel, Dokumentationszentrum, am 20. Juli 2023, 19 Uhr
- Fritz Bauer Freundeskreis
– Stadtrundgang zu Fritz Bauer am 13.5.2023, um 15 Uhr
Treffpunkt: Domplatz, unter der Justitia Anhang 7
– Das nächste Treffen des Fritz Bauer Freundeskreises ist am Montag, 22.05.2023, um 17 Uhr
im DGB-Haus, Braunschweig, Wilhelmstraße 5 Anhang 8
Viele Grüße
Udo Dittmann