Infos zu Fritz Bauer – März 2021

Liebe Interessenten des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)

  1. Rezension zum Buch „Fritz Bauer und ‚Achtundsechzig’“
    Im Oktober 2020 erschien das Buch „Fritz Bauer und Achtundsechzig“. Positionen zu den Umbrüchen in Justiz, Politik und Gesellschaft (Reihe: Studien zur Geschichte und Wirkung des Holocaust Bd. 3), herausgegeben von Katharina Rauschenberger und Sybille Steinbacher. Zahlreiche Beiträge gehen auf eine Tagung des Fritz Bauer Institutes im Jahr 2018 zurück, die den Titel trug „Fritz Bauer und die 68er. Verbindendes und Trennendes“ (Tagung anlässlich des 50. Todestages von Fritz Bauer am 2./3. Juli 2018). Anbei eine Rezension zu dem Buch von Stefan Walfort aus dem „Freitag“ (Ausgabe 45/2020): https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/im-moeglichkeitsraum
  1. Sybille Steinbacher: Fritz Bauer – Der Ankläger
    In der Zeitschrift ZEIT Geschichte Nr.6, 2020 (nicht in der Wochenzeitung Die Zeit) erschien ein Beitrag von Sybille Steinbacher (Fritz Bauer Institut) zu Fritz Bauer „Der Ankläger“. Er wird beschimpft und bedroht – kämpft aber unbeirrt für eine demokratische Gesellschaft…
    https://www.zeit.de/zeit-geschichte/2020/06/fritz-bauer-auschwitz-prozesse-generalstaatsanwalt-ns-verbrechen-justiz?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
  1. Fritz Bauer Institut
    – Das Bulletin des Fritz Bauer Institutes „Einsicht 2020“ (vom Dez.2020) steht als download zur Verfügung unter: https://www.fritz-bauer-institut.de/mitteilung/neu-erschienen-einsicht-2020
    –  Sa, 20. März 2021 um 15 Uhr         Frankfurt
    Norbert Wollheim Memorial und IG Farben Haus – Öffentliche Führung
    https://www.fritz-bauer-institut.de/veranstaltungen/veranstaltung/norbert-wollheim-memorial-03-2021
  1. Fritz Bauer Forum (Bochum)
    Das Fritz Bauer Forum beschäftigt sich mit Fritz Bauer und Themen der Menschenrechte. Die ehemalige Trauerhalle Havkenscheid in Bochum soll Ort der interaktiven Fritz Bauer Bibliothek werden.
    https://www.fritz-bauer-forum.de/die-welt-zu-einem-besseren-ort-machen 
    Das Forum hat die Autobiographie von Rapael Lemkin („Vater“ der Genozid-Definition) neu herausgegeben;: https://www.fritz-bauer-forum.de/shop/ohne-auftrag-autobiografie
    Weiteres Projekt: Der Fritz Bauer und Raphael Lemkin Filmpreis
    Unlimited Hope – Fritz Bauer & Raphael Lemkin Human Rights Award (Einsendeschluss 31.05 2021)
    www.unlimited-hope.net
  1. Kurt Nelhiebel – einer der Chronisten des Auschwitz-Prozesses
    Im hohen Alter von 93 Jahren wurde Kurt Nelhiebel in Bremen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Ursprünglich Redakteur der kommunistischen Tageszeitung „Volksstimme“ verlor er durch das Verbot der KPD (1956) seine Arbeit und wurde langjähriger Redakteur beim Radio Bremen.
    Auschwitz sollte zum Thema seines Lebens werden.
    Anbei ein Bericht über Kurt Nelhiebel im Weserkurier vom 12.11.2020 „Unerschrocken und unbequem“  sowie ein Überblick über eine Auswahl von Texten (von 1958- 2018) von ihm.                   Anhang 1/ 2
  1. Sylvain Treperman: Ein Stein für Fritz Bauer (Roman/ 2018)
    Der französische Autor Sylvain Treperman, seit 25 Jahren in Frankfurt lebend, hat 2018 einen Roman zu Fritz Bauer geschrieben, der angelehnt ist an das Enthüllungsbuch „Großes Bundesverdienstkreuz“ von Bernt Engelmann, der 1974 erschien. Dort ging es um Arisierungen, Zwangsarbeit, Versklavung und Korruption des Unternehmers Fritz Riess. Treperman beschreibt einen ähnlichen Fall, in dem eine junge Staatsanwältin ermitteln wird und Kontakt zu Fritz Bauer aufnimmt. Das Buch ist spannend geschrieben und orientiert sich an dem damaligen Geschehen im Frankfurt der 60er Jahre. Wenn auch manche Figuren überzeichnet dargestellt werden, taucht man schon bald in die damalige Zeit ein, in der Fritz Bauer eine große Rolle spielt. Die Handlung selbst und der Fall sind fiktiv.
    Dazu eine kurze Romanbeschreibung von Udo Dittmann „Zum Roman ‚Ein Stein für Fritz Bauer’ von Sylvain Treperman.“ Das Buch ist 2018 im Selbstverlag erschienen. (14,99 €)               Anhang 3
  1. Zur Einzigartigkeit des Holocaust
    In dem Spiegel-Beitrag „Chiffren für das Böse“ (7/ 13.2.2021) von Tobias Rapp geht es um einen neuen „Historikerstreit“. War der Holocaust einzigartig oder nicht?  Michael Rothberg, Professor für Holocaust-Studien an der California-University of California, bezeichnete die Debatte um Mbembe, der als Gastredner der Ruhrtriennale ausgeladen wurde, als neuen „Historikerstreit“, in dem es nun auch um Fragen des Kolonialismus, Sklaverei und allgemeiner, antischwarzen Rassismus gehe. Der Historikerstreit in Deutschland in den Jahren 1986/ 87 wird in dem Beitrag als eine der wichtigsten intellektuellen Auseinandersetzungen in der alten Bundesrepublik gesehen. Es ist ein schwieriges Thema. Schon der alte Historikerstreit wird von vielen Historikern als nicht sehr ergiebig bezeichnet (Ulrich Herbert, Sybille Steinbacher). Hinzu kommt, dass die Diskussion um die Einzigartigkeit auch ein Ergebnis der Debatte in den 60er Jahren in den USA war, als es um die Konkurrenz in der Opferdebatte ging. Ausführlich hat das der französische Autor Jean-Michel Chaumont in seinem Buch „Die Konkurrenz der Opfer. Genozid, Identität und Anerkennung“(2001) beschrieben. (Zum Spiegel-Beitrag siehe Anhang 4)      Anhang 4
  1. Braunschweig: keine Saalumbenennung und Freispruch für „Judenpresse“
    Nun hat sich auch die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza gegen eine Benennung des Saales 141 nach Fritz Bauer im Landgericht Braunschweig (der Saal, in dem der Remer-Prozess von Fritz Bauer stattfand) ausgesprochen. Sie teile die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig und hoffe auf die „in Aussicht genommene Information über den Remer-Prozess“. Passiert ist inzwischen nichts. Es wirkt wie eine Hinhalte-Strategie. Wahrscheinlich möchte man das Ganze aussitzen. Außer schönen Worten erfolgt nichts. (Das Schreiben siehe Anhang 5)         Anhang 5
    Dazu kommt eine andere neue Entscheidung des Landgerichts, ein Verfahren zum Begriff „Judenpresse“ einzustellen. Der Begriff fiel bei einer Demo der Partei „Die Rechte“ in Braunschweig, dazu auch mit den Worten „Feuer und Benzin für euch“. Für eine Bedrohung fehle es an einer konkreten Bedrohung, so Staatsanwalt Hans Christian Wolters. Was muss noch passieren, damit es überhaupt zu einer Anklage kommt. Der Fall hat inzwischen auch das Fernsehen erreicht. Der Landesvorsitzende der jüdischen Gemeinde in Niedersachsen hat dazu eine schriftliche Stellungnahme in der „Jüdischen Allgemeine“ verfasst.
    https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/wirklich-grenzwertig-herr-staatsanwalt

Weitere Infos dazu im Braunschweig-Spiegel
https://braunschweig-spiegel.de/braunschweiger-staatsanwaltschaft-stellte-verfahren-um-judenpresse-rufe
Dort ist auch ein Beitrag in „Hallo Niedersachsen“ (NDR) zu finden. Die Zeit von Fritz Bauer in Braunschweig ist schon lange vorbei. Das Klima hat sich verändert. Es ist besorgniserregend. Inzwischen ist der Fall an die Generalstaatsanwaltschaft überwiesen worden und wird dort neu verhandelt.  Dazu ein Bericht aus der Braunschweig Zeitung (3.3.2021):
„’Judenpresse’ keine Volksverhetzung? – Verfahren in Braunschweig eingestellt. Entscheidung wird jetzt überprüft.“           Anhang 6

Im Weiteren auch ein Beitrag dazu im Braunschweig-Spiegel:
www.braunschweig-spiegel.de/justizministerin

  1. Reinhard Strecker und das „Globke-Dossier“
    Reinhard Strecker wurde bekannt durch seine Ausstellung zur „Ungesühnten Nazijustiz“ (1959). Im Zuge der Ausstellung erstattete er Anzeige gegen 43 ehemalige NS-Richter. 1961 veröffentlichte Strecker sein Buch „Dr. Hans Globke. Aktenauszüge. Dokumente“. Nachdem Globke mit einer einstweiligen Verfügung und Klage erreicht hatte, dass das Buch nach der ersten Auflage nicht mehr vertrieben werden durfte, verschwand es aus dem Blick der Öffentlichkeit (bis heute). Inzwischen eine historische Kopie der Originalausgabe aus dem Rütten & Loening Verlag online verfügbar. Sie ist Teil des neuen Dossiers Schreibtischtäter Globke, das die Internetplattform FragDenStaat am 22. Januar 2021 veröffentlichte. Zu dem Dossier gehört auch die zweibändige Personalakte Globkes aus dem Bundesarchiv sowie der „Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung“ von Hans Globke gegen Reinhard Strecker.
    Zum „Globke Dossier“ siehe https://fragdenstaat.de/dossier/globke 
    Strecker erhielt – nach langer Vergessenheit – 2015 das Bundesverdienstkreuz. Eine Würdigung seiner Ausstellung in Berlin steht noch aus. Ebenso eine Anerkennung seiner Leistung zur deutsch-polnischen Verständigung (auch in Hinblick einer deutsch-polnischen Schulbuch-Kommission).
    Zu Strecker siehe den aktualisierten Wikipedia-Artikel über ihn: https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Strecker_(Aktivist) 
    Zu Globke auch ein Beitrag aus dem „Freitag“ von Rudolf Walther: Der Jurist Hans Globke (Ausgabe 27/ 2020)                        Anhang 7
  1. Zum Generalplan Ost (GPO)
    Der Generalplan Ost ist immer noch relativ unbekannt, obwohl es eines der wichtigsten Aktionen in der NS-Zeit war. Es ging um den so genannten „Lebensraum im Osten“.  Eine Form der Kolonisierung sollte dort erfolgen. Für Hitler war der Osten das, was Indien für die Briten sei: „Der russische Raum ist unser Indien. und wie die Engländer es mit einer Handvoll Menschen beherrschen, so werden wir diesen unseren Kolonialraum regieren.“ (Hitler. Monologe im Führerhauptquartier. Hrsg v. Werner Jochmann. Hamburg.1980, S.60- 64). Die mehrjährige Raum- und Siedlungsplanung (1940-1944) sah einen Völkermord für mindestens 25 Millionen rassisch unerwünschter Zivilisten vor (Abschiebung in Hungerzonen, Zwangsarbeit usw.)  Die wichtigsten Planungen erfolgten an der Berliner Humboldt- Universität.
    Götz Aly hat mit Susanne Heim ein Buch darüber geschrieben, in dem dieser „Generalplan Ost“ ausführlich dargestellt wurde: Aly/ Heim: Vordenker der Vernichtung. Frankfurt.1991. Matthias Burchard, der später in dem entsprechenden Institut an der Humboldt Universität studiert hat, schrieb 1997 eine Diplomarbeit dazu mit dem Titel: „Der Generalplan Ost. Ein finsteres Kapitel Berliner Wissenschaftsgeschichte.“ Sie ist im Internet zu finden unter
    https://gplanost.x-berg.de/sgplanost.html
    Das Thema sollte aktuell stärker beachtet werden, gerade auch in Hinblick auf die Fragen zur Kolonisation und ihren Folgen.
    Über den Autor, der sich später auch sehr stark für Reinhard Strecker eingesetzt hat, gibt es einen TAZ-Artikel von 2001:  https://taz.de/!1167691
  1. Helmut Strizek und der Internationale Strafgerichtshof zu Ruanda (in Arusha/ Tansania)
    Der Internationale Strafgerichtshof zu Ruanda (International Criminal Tribunal for Rwanda- ICTR), der am 8. Nov. 1994 in Arusha (Tansania) gegründet wurde, zählt zu den „Meilensteinen“ der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Er sollte den Völkermord an den Tutsi aufarbeiten, der in den 10 Wochen (vom 6.Apr.- 17. Juli 1994) mit ca 800.000 Opfern in Ruanda geschah (das Mandat des ICTR galt für den 1.1.-31.12.1994). Dieser Strafgerichtshof gilt bisher als Erfolgsgeschichte.
    Das ist aber nur eine Seite. Parallel zu den Morden an der Tutsi-Bevölkerung gab es ca 312.000 Morde an Hutu (siehe spanischen Untersuchungsrichter Merelles, 2008) durch RPF-Truppen der Tutsi, die von Uganda aus das Land zurückerobern wollten. Im Ruanda-Tribunal wurden nur die Morde an der Tutsi- Bevölkerung angeklagt. Eine Anklage gegen Verbrechen an der Hutu-Bevölkerung wurde gezielt verhindert, ebenso eine Untersuchung des Flugzeugabschusses am 6.April 1994, der das Massaker auslöste. In dem Flugzeug saßen die Präsidenten von Ruanda und Burundi. Als Carla del Ponte als Chefanklägerin auch hierzu ermitteln wollte, wurde ihr 2002 das Mandat durch Kofi Annan (auf Druck der USA) entzogen.
    Die Geschichte ist kompliziert. Eine eigentliche Aufarbeitung der Verbrechen von Ruanda fehlt noch (obwohl der Gerichtshof seine Arbeit 2015 offiziell beendet hat) bzw. wurde bisher nur die eine Seite behandelt. Helmut Strizek beschreibt in seinem Buch „Der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda in Arusha/ Tansania“ (2015) die andere Seite, die eine vollkommen neue Sichtweise zeigt. Dazu auch ein Hinweis auf das neue Buch von Strizek „Ruanda – die geleugnete Geschichte. 25 Diktatur der Ruandischen Patriotischen Front.“ (Berlin, 2020)                    Anhang 8
    Es zeigt eine ganz andere Seite von Ruanda, das bisher im Westen als Wirtschaftswunderland und – seit dem Verbot von Plastiktüten im Jahre 2008 – als das sauberste Land Afrikas gilt.

https://www.gemeinsam-fuer-afrika.de/plastiktueten-afrika

  1. NS-„Euthanasie“– Arbeitskreis zur Erforschung der NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation
    Das nächste Treffen des Arbeitskreises ist in Kloster Irsee vom 23.-25.April 2021. Es wird geplant, diese Frühjahrstagung als Präsenzveranstaltung durchzuführen. Das vor dem zweiten Lockdown geltende Schutz- und Hygienekonzept lässt im Tagungshaus die Teilnahme bis zu 50 Personen zu. Infos zu Anmeldung und Programm im Anhang                           Anhang 9/ 9a
    https://www.ak-ns-euthanasie.de/wp-content/uploads/2021/02/Arbeitskreis-Fruehjahr-2021.pdf

– Washington Holocaust Museum: Zu den Krankenmorden in Kaufbeuren
Hier noch der aktualisierte Link zu einem Bericht des Washington Holocaust Museum zu den Krankenmorden in Kaufbeuren in der NS-Zeit. In Kaufbeuren wurde u.a. Ernst Lossa ermordet, dessen Lebensgeschichte später in einem Buch erschien und verfilmt wurde.
https://www.facebook.com/holocaustmuseum/videos/disability-awareness-month-the-nazis-nameless-victims/655951345067763
oder   https://www.youtube.com/watch?v=uvrwnJ6hQ9s

– „Hadamar von innen“ – die NS-„Euthanasie aus der Sicht von Betroffenen
Online-Fortbildung für Lehrkräfte und Multiplikatoren/ Multiplikatorinnen des Fritz Bauer Institutes am Do, 25.März 2021, 18.00 -20.00 Uhr
https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/download/paed/2021-03-25_Euthanasie.pdf

  1. Weiteres
    – Anne Frank Zentrum
    Neue Publikation des Anne Frank Zentrums zu Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus „Wie die Rechten die Geschichte umdeuten“. Frankfurt. 2202
    https://www.bs-anne-frank.de/revisionismus

– Gedenkstätte Dachau
Joe Biden übte nach einem Besuch im Jahr 2015 scharfe Kritik an der KZ-Gedenkstätte Dachau: Dazu ein Beitrag aus der SZ vom 15. Jan. 2021:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/joe-biden-kz-gedenkstaette-dachau-vorwuerfe-1.5175303

  1. Fritz Bauer Freundeskreis
    Treffen des Fritz Bauer Freundeskreises finden wegen der Corona-Pandemie bis auf Weiteres noch nicht statt. Ansonsten wird die Webseite weiter aktualisiert. Inzwischen sind im Rahmen der Chronik des Freundeskreises Artikel aus den Jahren 2012/ 2013 dort neu zu finden:
    http://fritz-bauer-freundeskreis.de/schriftenreihe-texte-2013

Viele Grüße
und eine schöne Osterzeit
Udo Dittmann