5.06.2024
Liebe Interessierte des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)
- Werner Renz: Wider die Kriminalisierung von Sexualität – Fritz Bauers Kritik des repressiven Sexualstrafrechts (2023)
In der Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte ist im Band 126 (Verfolgung-Diskriminierung-Emanzipation) ein neuer Beitrag von Werner Renz über Fritz Bauers Kritik des repressiven Sexualstrafrechts erschienen. Fritz Bauer hat sich in mehreren Aufsätzen zu der Thematik geäußert, auch in Verbindung mit der damaligen Strafrechtsreform. Werner Renz gibt einen guten Überblick über die Sichtweise Bauers, der das geltende Sexualstrafrecht ablehnte und sich gegen staatliche Eingriffe in die Intimsphäre wandte.
Der Aufsatz von Werner Renz in der obigen Zeitschrift (S.93- 111) siehe im Anhang. Anhang 1
- Klaus Wiegrefe: Der Mörder im Sachsenwald – Zur Fahndung von Fritz Bauer nach dem letzten Kommandanten von Auschwitz Richard Baer
Richard Baer, der letzte Kommandant von Auschwitz, versteckte sich nach dem Krieg fast 15 Jahre als Waldarbeiter unerkannt in der Nähe von Hamburg im Sachsenwald der Familie Bismarck. Sein Vorgesetzter war dort Otto Fürst von Bismarck, der Enkel des gleichnamigen Reichskanzlers. Dieser war 1933 in die NSDAP eingetreten, nach dem Krieg war er ab 1953 CDU-Abgeordneter. – Baer gab sich als Karl Neumann aus. Es ist bis heute ungeklärt, ob Bismarck wusste, wer unter diesem Namen für ihn tätig war.
Im Zuge der Auschwitz-Ermittlungen ließ Fritz Bauer auch gegen Baer ermitteln. Es war aufgefallen, dass die Ehefrau Maria Baer ihren Mann nicht für tot erklärt hatte. Ungewöhnlich ist in diesem Fall die Vorgehensweise von Bauer: Im Dezember 1960 setzte er eine Belohnung von 10.000 DM für die Ergreifung Baers aus. Tatsächlich gab es dadurch bald Hinweise auf Baer, die Belohnung wurde an verschiedene Personen ausgezahlt. – Baer war als wichtigster Angeklagter im Auschwitz-Prozess vorgesehen. Er starb kurz vor Prozessbeginn in Untersuchungshaft. Eventuell wäre er durch den Prozess ähnlich bekannt geworden wie Eichmann.
Klaus Wiegrefe: Der Mörder im Sachsenwald. Aus Spiegel 18/2024 (26.04.2024) Anhang 2
- Peter Hartl/ Andrzej Klamt – Mörder unter uns. Fritz Bauers einsamer Kampf (ZDF, 2014) Dokumentarfilm
Nach dem Dokumentarfilm „Fritz Bauer -Tod auf Raten“ (2010) von Ilona Ziok, der auf der Berlinale gezeigt wurde und der wesentlich für die Wiederentdeckung von Bauer war, handelt es sich bei dieser Dokumentation um eine Eigenproduktion des ZDF, die für das Fernsehen gedreht wurde. Sie wurde 2014 einige Male auf verschiedenen Programmen gezeigt, ist aber insgesamt weiter recht unbekannt. Anbei ein Flyer zum Film aus dem Jahr 2014. Im Juli 2024 wird der Film im DGB-Haus in Braunschweig gezeigt (siehe unten). Anhang 3
- Fritz Bauer – Jurist im Dienste der Humanität (Broschüre des Bundesjustizministeriums)
In Berlin wurde vom 24.- 26.05.2024 zwischen Kanzleramt und Bundestag das Fest der Demokratie anlässlich „75 Jahre Grundgesetz“ gefeiert. Alle Ministerien stellten sich dabei der Öffentlichkeit vor. Das Bundesministerium für Justiz hatte dazu einen eigenen Stand für Fritz Bauer, an dem u.a. die neue Broschüre „Fritz Bauer – Jurist im Dienste der Humanität“ vorgestellt wurde. Anhang 4
Die Broschüre kann auf der Webseite des BMJ kostenlos runtergeladen werden. Leider wird Bauers Beitrag zur juristischen Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“ dort überhaupt nicht erwähnt. Der Autor Ronen Steinke hat wie schon in seiner Bauer-Biographie das Thema NS-„Euthanasie“ fast vollständig ausgeklammert. Der Fritz Bauer Kreis hat das BMJ darauf hingewiesen und hofft, dass der Mord an Behinderten und psychisch Kranken in Hinblick auf Fritz Bauer zukünftig größere Beachtung findet.
https://www.bmj.de/DE/ministerium/geschichte/fritz_bauer/fritz_bauer_node.html
- Jack Fairweather: The Trials of Fritz Bauer (Lecture in Wien, 13.06.2024)
Am Do, 13.Juni 2024 von 18.30 -20.00 Uhr wird Jack Fairweather in Wien im Simon Wiesenthal Institut einen Vortrag in englischer Sprache über Fritz Bauer halten mit dem Thema „The Trials of Fritz Bauer. How Life as a Gay Jewish Socialist under the Nazis shaped his Quest for Justice“.
Jack Fairweather schreibt zur Zeit in den USA an einer neuen Bauer-Biographie, die voraussichtlich 2025 in englischer, deutscher und dänischer Sprache erscheinen wird.
https://www.vwi.ac.at/index.php/veranstaltungen/icalrepeat.detail/2024/06/13/479/-/jack-fairweather-the-trials-of-fritz-bauer-how-life-as-a-gay-jewish-socialist-under-the-nazis-shaped-his-quest-for-justice
- Fritz Bauer: Die Kriegsverbrecher vor Gericht (Neuerscheinung in Okt 2024)
Noch während des 2. Weltkrieges schrieb Bauer das Buch „Die Kriegsverbrecher vor Gericht“ das 1944 in schwedischer Sprache erschien und 1945 auf deutsch herausgegeben wurde. Das Fritz Bauer Institut plant eine Neuherausgabe des Buches mit einem Nachwort von Joachim Rückert, das voraussichtlich ab 30.Oktober 2024 lieferbar sein wird. Nähere Infos dazu auf der Webseite des Wallstein-Verlages.
https://www.wallstein-verlag.de/9783835357167-die-kriegsverbrecher-vor-gericht.html
- Fritz Bauer – Menschenrechte als Herausforderung von Rechtspraxis und Rechtspolitik.
Sammelband mit Aufsätzen zu Fritz Bauer, herausgegeben von Ansgar Klein und Ilona Ziok (2024)
Die Originalausgabe des Buches erschien als Sonderschwerpunkt im Forschungsjournal Soziale Bewegungen, Analysen zu Demokratie und Zivilgesellschaft, Heft 4, Dezember 2015 im Verlag De Gruyter, Berlin. Die Neuauflage ist um einige Aufsätze ergänzt worden. Sie kann bestellt werden beim Fritz Bauer Forum (Bochum) und kostet 19,00 €.
https://shop.fritz-bauer-forum.de/produkt/menschenrechte-als-herausforderung-von-rechtspraxis-und-rechtspolitik/
- Fritz Bauer Institut (Frankfurt)
Mo, 10.Juni 2024, 18.00 Uhr
Alle wollen Frieden – aber wie? Politische Lösungsansätze in Israel und Palästina. (Podiumsdiskussion)
Mi, 12.Juni 2024, 18.15 Uhr
Der Nationalsozialismus an der Macht. 1930 -1932. Vortrag von Dr. Jörg Osterloh
Do, 13.06 – Fr.,14.06.2024
„Warum könne die Menschen nicht friedlich miteinander leben“ – Zweitägiger Workshop für Schulklassen.
Wie aktuell ist Anne Franks Frage »Warum können Menschen nicht friedlich miteinander leben?« Was sichert eigentlich ein friedliches Zusammenleben heute? Der frühere hessische Generalstaatsanwalt und Initiator des Frankfurter Auschwitz-Prozesses Fritz Bauer hat versucht, mit Hilfe seines Begriffes von Rechtsstaat und Demokratie darauf Antworten zu finden und bezog sich dabei auch auf Anne Frank. Diesen Vorstellungen wollen wir im Workshop nachgehen und Möglichkeiten diskutieren, sie auf unser Handeln zu übertragen.
Infos zu den Veranstaltungen auf: https://www.fritz-bauer-institut.de/
- Die Frankfurter Banken und die Enteignung der jüdischen Bürger (Forschungsprojekt)
Zum ersten Mal wurde die Höhe der von den Banken für das NS-Regime konfiszierten Vermögen von jüdischen Bürger:innen ermittelt. Möglich wurde dies durch die Akten der Devisenstellen, in denen sämtliche Vermögen der Verfolgten von den Finanzämtern erfasst wurden. Allein die schiere Aktenmenge führte dazu, dass diese Akten bisher kaum Gegenstand einer solchen Erhebung waren. Eine Gruppe Ehrenamtlicher um den Frankfurter Professor Dr. Ralf Roth hat nun in unzähligen Arbeitsstunden diese Arbeit erbracht und stellt ihre Ergebnisse vor. Die Devisenakten erlauben aber auch einen minutiösen Einblick in das Innenleben und Funktionieren eines totalitären Staats und geben nicht nur Auskunft über die Opfer, sondern auch über die Täter. Welche weiteren Erkenntnisse lassen sich aus diesen Akten für die NS-Forschung gewinnen? Wie lassen sich die Akten auch für private Nachforschungen hinsichtlich der NS-Zeit nutzen? Anhang 5
Informationen zum Projekt gibt es bei einem Studientag am So, 16.Juni 2024, 9.00- 17.00 Uhr im Haus am Dom, Frankfurt. Anmeldung unter: hausamdom@bistumlimburg.de
- NS-„Euthanasie“
– Frühjahrstagung 2024 des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation vom 13.6.- 15.6.2024
Thema: „Erinnerungskultur in psychiatrischen Kliniken und Institutionen“
im kbo-Isar-Amper-Klinikum Haar (bei München) Anhang 6
https://www.ak-ns-euthanasie.de/
– Pirna-Sonnenstein: Zum Umbau der ehemaligen Busgarage der NS-Tötungsanstalt
In der Zeitschrift „Bauwelt“ ist ein Artikel über die ehemalige Busgarage der „Euthanasie-Tötungsanstalt“ Pirna-Sonnenstein erschienen. Auf dem Gelände sollen moderne Eigentumswohnungen entstehen. Es ist makaber, dass ausgerechnet dort neue Wohnungen gebaut werden sollen. Es ist die Frage, ob es noch möglich ist, die denkmalgeschützte Busgarage zu retten.
https://www.bauwelt.de/rubriken/betrifft/Baurecht-gegen-Zeitzeugnis-4058806.html
– Sigrid Falkenstein: Gedenken an Friedel Bieber (1926- 1943)
Die Tante von Sigrid Falkenstein, Anna Lehnkering, wurde 1940 in der Gaskammer von Grafeneck im Jahr 1940 ermordet. Als sie später davon erfuhr, recherchierte sie und schrieb ein Buch darüber („Annas Spuren“). Im November 2018 las sie in der Gedenkstätte Hadamar aus ihrem Buch vor. Im Frühjahr 2023 erfuhr sie, dass auch ein weiterer Verwandter von ihr im Rahmen der NS-„Euthanasie“ ermordet wurde, und zwar in Hadamar. Auf ihrer Webseite berichtet Sigrid Falkenstein über das Schicksal dieses Verwandten, Friedel Bieber, der im Alter von 17 Jahren in der Heil- und Pflegeanstalt Hadamar getötet wurde. Es ist ein sehr berührender Bericht: https://www.euthanasie-gedenken.de/friedel.htm
– Stellungnahme zum Anschlag auf Einrichtungen der Lebenshilfe Mönchengladbach
Ende Mai 2024 wurde ein mutmaßlich rechtsextremer Anschlag auf Einrichtungen der Lebenshilfe Mönchengladbach verübt. In ein Wohnheim für Menschen mit Behinderungen wurde ein Ziegelstein mit der Aufschrift „Euthanasie ist die Lösung“ geworfen. Schon wenige Tage zuvor wurde deren Geschäftsstelle Ziel eines ähnlichen Anschlages.
Anbei eine Stellungnahme der „Euthanasie“- Gedenkstätte Lüneburg vom 3.6.2024 Anhang 7
– Schul-Theater-Wettbewerb: andersartig-gedenken-on-stage (2024-2026)
„andersartig-gedenken-on-stage“ ist ein bundesweiter Theaterwettbewerb für Schultheater und inklusives Erwachsentheater, der vom Förderkreis Gedenkort T4 e.V. getragen wird. Die letzte Preisverleihung war 2023. Die Frist für Einreichung zum 4.bundesweiten Wettbewerb ist am 15.Januar 2026, Infos unter https://www.andersartig-gedenken.de/startseite.html
- Braunschweig
– Helmut Kramer: Gedenken an den Widerstandskämpfer Hermann Bode (1911- 1944)
Am 9.Juni 1944 wurde der ehemalige Braunschweiger Stadtverordnete und Widerstandskämpfer als „Kriegsverräter“ in Griechenland hingerichtet. Zur Geschichte von Hermann Bode berichtete Helmut Kramer ausführlich auf seiner Webseite https://www.kramerwf.de/kriegsverrat/hermann-bode . Auf einer Gedenkveranstaltung im August 2009 hielt Kramer im Rahmen der „Braunschweiger Andachten“ eine Rede zu Hermann Bode, in der er auf den „Widerstand des kleinen Mannes“ aufmerksam machte.
Schon Fritz Bauer hob diesen Widerstand hervor, insbesondere in seinem Text von 1962 „Das Widerstandsrecht des kleinen Mannes“. Die Rede von Helmut Kramer siehe im Anhang. Anhang 8
– Di, 11.06.2024, um 18.30 Uhr
„75 Jahre Grundgesetz – Was bedeuten die Grundrechte für mich im Alltag“ – Vortrag vom Braunschweiger Generalstaatsanwalt Detlev Rust
Ort: Landesmuseum Hinter Ägidien, Hinter Ägidien, 38100 Braunschweig
- Fritz Bauer Freundeskreis
Das nächste Treffen des Fritz Bauer Freundeskreis ist am Montag, den 29.07.2024, um 17 Uhr im DGB-Haus, Braunschweig. Gezeigt wird der Film „Fritz Bauers einsamer Kampf“ (2014) Anhang 9
Viele Grüße Udo Dittmann