Liebe Interessenten des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)
I. „Den Helden geschaffen – Fritz Bauers Rückkehr ins kollektive Gedächtnis“: Master-Arbei von Desirée Hilscher an der Universität Freiburg (Schweiz)/ 2020
Inzwischen ist Fritz Bauer in der Schweiz angekommen. Desirée Hilscher aus Basel hat an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg (CH) eine Master-Arbeit zu Fritz Bauer geschrieben. Es ist vielleicht eine der ersten Master-Arbeiten zu Fritz Bauer. Das vollständige Thema lautet „Den Helden geschaffen. Fritz Bauers Rückkehr ins kollektive Gedächtnis als Antwort auf gewandelte kulturelle Orientierungen bei unverändertem Vergangenheitsbezug“. Sie untersucht insbesondere die Spiel- und Dokumentarfilme sowie die Biographie zu Bauer von Ronen Steinke in Hinblick auf die Frage, wie es in den Jahren 2010- 2020 zu dem „Bauer-Boom“ gekommen sei. Vor allem die moderne Art und neuen Bezüge in diesen Medien hätten zur Popularität von Bauer beigetragen. Zu dieser sehr informativen Master-Arbeit eine kritische Stellungnahme von mir mit dem Titel „Zum Fritz Bauer Boom 2010- 2020. Versuch einer Erklärung“ (Anhang 1). Ich danke Desirée Hilscher für die vielfältigen Anregungen, die durch ihre Arbeit entstanden sind.
Udo Dittmann: Zum Fritz Bauer Boom 2010- 2020. Versuch einer Erklärung. (Nov. 2020) – Anhang 1
II. Leserbriefe zu Werner Renz: „Der Auschwitz-Prozess“ im historischen Magazin „Damals“
In „Damals. Magazin für Geschichte“ (7/ 2020) hatte Werner Renz eine übersichtliche Darstellung des Auschwitz-Prozesses geschrieben. Dazu sind inzwischen Leserbriefe geschrieben worden, die in der Ausgabe 9-2020 abgedruckt sind. Siehe dazu Anhang 2.
III. Alexander Kluge: „Wer ein Wort des Trostes spricht, ist ein Verräter“. 48 Geschichten zu Fritz Bauer (2013)
Alexander Kluge ist inzwischen wieder im Gespräch, bekannt ist das Buch „Trotzdem“ vom April 2020, in dem er mit Ferdinand von Schirach sich zu Corona geäußert hat. Es war lange Zeit im Spiegel auf Platz 1 der Bestseller. – Alexander Kluge ist mit Bauer eng verbunden gewesen. 1967 hat er den Spielfilm „Abschied von gestern“ gedreht, in dem Fritz Bauer auftritt und sich selber spielt. Auch bei der Trauerfeier nach Bauers Tod 1968 war er anwesend. 2013 gab er ein Buch mit 48 Geschichten heraus, das er Fritz Bauer widmete. Schon das Vorwort ist markant, in dem er seine Eindrücke zu Bauer und zur Trauerfeier schilderte. Hier das Vorwort zu dem lesenswerten, eindrücklichen Büchlein. Anhang 3
IV. Kommentar zu Fritz Bauer von ARD- Kommentator Frank Bräutigam
Der bekannte Rechtsexperte des ARD, Frank Bräutigam, äußerte sich zu Bauer am 23.Juli 2020 auf der Webseite der Tagesschau und hob die Bedeutung des früheren Generalstaatsanwaltes für die Justiz im Nachkriegsdeutschland hervor. Die Tagesschau hat an dem Tag über das Urteil im Stutthof-Prozess berichtet.
https://www.tagesschau.de/kommentar/stutthof-kommentar-101.html
V. Joachim Perels: Fritz Bauer, Kriegsverbrecher vor Gericht (2015)
In einem Vortrag wollte Joachim Perels im August 2013 in Braunschweig auf das Buch von Fritz Bauer „Die Kriegsverbrecher vor Gericht“ (1945) aufmerksam machen. Leider fiel der Vortrag krankheitsbedingt aus. Das Manuskript war dann Vorlage für einen Aufsatz in seinem Buch, das 2015 unter dem Titel erschien: Der Nationalsozialismus als Problem der Gegenwart. Anbei der Text im Anhang 4 (Perels…, S. 213- 218)
Das Buch von Bauer „Die Kriegsverbrecher vor Gericht“ war immerhin dem stellvertretenden Chefankläger in den Nürnberger Prozessen, Robert M.W. Kempner bekannt, mit dem Fritz Bauer befreundet war.
Einige weitere Infos zu dem Thema sind zu finden in:
Udo Dittmann: „Eine Lektion im geltenden Völkerrecht“ (2012)
http://fritz-bauer-freundeskreis.de/wp-content/uploads/2020/10/2012-05-08_Eine-Lektion-im-Voelkerrecht….pdf
Ronen Steinke: Fritz Bauer, Die Kriegsverbrecher vor Gericht. In Kritische Justiz. Nomos. (2013)
https://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc/2013/2013_3/8._Ronen_Steinke_-_Fritz_Bauer__Die_Kriegsverbrecher_vor_Gericht__1945.pdf
Zu den Nürnberger Prozessen
Die Nürnberger Prozesse begannen am 20. November 1945. Zum Prozessbeginn vor 75 Jahren hier ein Hintergrundbericht im Deutschlandfunk aus der DLF Audiothek (18.57 min)
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=879653
VI. Helmut Kramer: Zum Verfahren von Bauer gegen die NS- Juristen der Euthanasie-Morde
Hier ein neuer Beitrag von Helmut Kramer zum Verfahren von Fritz Bauer gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941. Es geht um das eigentlich ungewöhnliche Verfahren gegen NS-Spitzenjuristen, die die Euthanasie rechtlich abgesichert hatten. Den Fall behandelt auch Christoph Schneider in seinem Buch „Diener des Rechts und der Vernichtung“ (2017)
Bei den Nachforschungen von Kramer kam es zu Konflikten mit dem deutschen Botschafter in Budapest Dr. Ernst Jung, dem Sohn eines der führenden Teilnehmer der Konferenz von 1941. Helmut Kramer bemerkt dazu: „Schon im Jahr 1996 erhoffte Götz Aly hinsichtlich des Botschafter- Verfahrens, dass jemand sich einmal genauer mit dem Verfahren befasst. Eine Monographie über diesen Fall könnte zum republikanischen Lehrbuch werden und die Erinnerung an Fritz Bauer lebendig halten. (Götz Aly in FAZ vom 2.9.1996)“
Helmut Kramer: Wie Helmut Kramer das von dem Nachfolger Fritz Bauers veruntreute Verfahren gegen die NS-Spitzenjuristen wieder aufrollte. (17.11.2020) Anhang 5
VII. Fritz Bauer Institut
– Mi, 18.01.2021, um 18.15 Uhr
Vortrag über den Wiesbadener Juristenprozess 1951/ 52 von PD Dr. Felix Wiedemann (online)
https://www.fritz-bauer-institut.de/veranstaltungen
– Mi, 3.02.2021, um 18.15 Uhr
Präsentationen studentischer Arbeiten zum Thema „Geschichte und Wirkung des Holocaust bis heute“, mit Jakob Eisemann und Percy Herrmann (online)
„Das Fritz Bauer Institut und der Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. präsentieren pro Semester zwei aktuelle Abschlussarbeiten von Studierenden, die innovative Zugänge zur Geschichte des Holocaust und seiner Wirkung zeigen und von einer interdisziplinär besetzten Kommission ausgewählt wurden.“
– Die Veranstaltungen können als Livestream auf Youtube angesehen werden.
– Der Förderverein des Fritz Bauer Instituts e.V. hatte am 28.Nov. 2020 seine Mitgliederversammlung, die erstmals online durchgeführt wurde. Etwa 50 Mitglieder nahmen an der digitalen Versammlung teil.
VIII. NS-„Euthanasie“
– Das Washingtoner Holocaust Museum sendet Beitrag über die Krankenmorde in Kaufbeuren
Selbst in den USA wächst das Interesse an den NS-Euthanasie-Verbrechen in Deutschland. Das Washingtoner Holocaust Museum hat dazu einen Beitrag auf YouTube gestellt. Ich danke Michael von Cranach für den Hinweis.
https://www.youtube.com/watch?v=uvrwnJ6hQ9s
– Uwe Kaminsky/ Fruszina Müller: Unter dem Radar – Herbert Becker, Arzt und „Euthanasietäter“
Anbei der Text über den „Euthanasie-Täter“ Herbert Becker, der Leiter der sogenannten Planungsabteilung der „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“ in Berlin war. Über seine Biographie war bisher wenig bekannt. Fritz Bauer ließ in seinem 3. Euthanasie- Prozess (1967-1970) gegen Becker ermitteln. Wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fällen (!) wurde er zu 10 Jahren Haft verurteilt. Ich danke Uwe Kaminsky für den Text und seine Genehmigung zur Wiedergabe. Anhang 6
– Christoph Schneider: Neuer Band der Schriftenreihe „Hadamar von innen“ – „Überlebendenzeugnisse und Angehörigenberichte“ (November 2020)
https://www.holocaustliteratur.de/deutsch/Neuer-Band-der-Schriftenreihe-erschienen-Hadamar-von-innen-Ueberlebendenzeugnisse-und-Angehoerigenberichte-Hrsg-von-Christoph-Schneider-2910/
– Di, 8.12.2020, 19.00 Uhr
„Gestorben: Kalmenhof/ Idstein – Von Opfern der NS-‚Euthanasie‘ aus Frankfurt am Main“ – Vortrag von Christoph Schneider mit anschließendem Gespräch.
Livestream auf www.youtube.com/gegenvergessen Anhang 7
– Andreas Hechler: „Diagnosen von Gewicht. Innerfamiliäre Folgen der Ermordung meiner als ‚lebensunwert‘ diagnostizierten Urgroßmutter“
Vortrag am 3010.2020 zur Eröffnung der Ausstellung „Wohin bringt ihr uns? Euthanasie-Verbrechen im Nationalsozialismus“ im „Erinnerungsort Topf & Söhne. Die Ofenbauer von Auschwitz – Ein Geschichtsmuseum der Landeshauptstadt Erfurt.
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/137132.html
– 26.- 28. Mai 2021
„Die Anstalt Wiesengrund und ihre Patienten, 1938- 1946. Die Quellenlage, Schicksale, Erinnerung“ – mit Vorstellung des neuen deutsch- tschechischen Buches „NS-Euthanasie.
Lebensunwertes Leben versus unantastbare Menschenwürde: Die Welt ohne die anderen.“
Tagung in der Sozialakademie „Haus Silberbach“ in Selb/ Bayern
Kontakt/ Anmeldung: milfait.rene@ejf.de Web: www.ejf.de Anhang 8
Die Tagung, die eigentlich im November 2020 stattfinden sollte, wurde auf den neuen Termin verschoben.
IX. Zur NS-Geschichte der Sonderpädagogik
Die Geschichte der Hilfsschule und der Sonderpädagogik ist noch immer relativ wenig aufgearbeitet. Eine der wichtigsten Autorinnen zu der Thematik ist Dagmar Hänsel, die mehrere Bücher dazu verfasst hat, insbesondere über Karl Tornow, der sowohl in der NS-Zeit sowie in der jungen Bundesrepublik einflussreich war. (Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. Bad Heilbrunn. 2008.) Ihr Aufsatz in der TAZ vom 16.4.2016 über Tornow „Behinderte Aufklärung“ hatte für Aufsehen gesorgt.
https://taz.de/Sonderpaedagogik-und-Nationalsozialismus/!5292139/
Der Verband Sonderpädagogik (vds) als Nachfolger des „Verbandes deutscher Hilfsschulen“ setzt sich verschiedentlich mit der Thematik auseinander. In der Zeitschrift für Heilpädagogik, der Fachzeitschrift des Verbandes, erschien in der Ausgabe 1/ 2020 ein neuer Beitrag von Dagmar Hänsel über „Karl Tornow und die Sonderpädagogik“, worauf in der November-Ausgabe 11/ 2020 eine Kritik von Gerhard Eberle erfolgte (Eberle: Einige Anmerkungen zur Geschichte des Verbands Sonderpädagogik. Eine notwendige Kritik am Beitrag Dagmar Hänsels im Heft 1/ 2020). Der Stil der Kritik ist schon sehr heftig und nicht unbedingt hilfreich. Wünschenswert wäre sicher eine weitere (sachliche) Diskussion zu dem Thema. Erleichtert würde es vielleicht auch durch eine Leserbriefspalte in der Zeitschrift. Leider gibt es eine solche Rubrik nicht in dieser Fachzeitschrift, so dass Kontroversen oft nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Gerade zu diesem Thema wäre es aber auch sehr hilfreich.
Eine Anmerkung: In der Zeitschrift des Verbandes in Niedersachsen (Sonderpädagogik in Niedersachsen) Ausgabe 3/ 2020 wurde der Fritz Bauer Rundbrief vom Okt. 2020 abgedruckt. Vielleicht ist es auch als Hinweis zu werten, dass man im Verband sich stärker auch mit der (mitunter nicht einfachen) Geschichte der Hilfsschulen bzw. Sonderpädagogik beschäftigen möchte.
https://vdsniedersachsen.de/download/1505/
X. Der Halle- Prozess: Antisemitismus vor deutschen Gerichten
– 3.12.2020, um 18.00 Uhr
Die Friedrich- Naumann- Stiftung lädt ein zu einer digitalen Veranstaltung zum Thema: „Recht gegen Rechts. Der Halle-Prozess: Antisemitismus vor deutschen Gerichten“ mit Dr. Ronen Steinke (Süddeutsche Zeitung) und Dr. Kati Lang (Nebenklage-Anwältin im Prozess gegen den Halle- Attentäter). Anhang 9
Anmeldung https://shop.freiheit.org/#!/Veranstaltung/LP1P6
XI. Braunschweig
– Gedenkstätte Friedenskapelle (Braunschweig Helmstedter Straße)
Der Friedenspfad der Gedenkstätte auf dem Hauptfriedhof Braunschweig ist erneuert und mit QR-Codes versehen worden. Nähere Info unter https://www.gedenkstaette-friedenskapelle.de/friedenspfad
– Theater Zeitraum
Gilbert Holzgang hatte 2002 ein Theaterstück über Fritz Bauer und dem Remer-Prozess geschrieben.
(„Jasager, Neinsager, Ansager“, http://www.theater-zeitraum.de/jasager.php ) Seitdem sind viele dokumentarische Theateraufführungen von ihm produziert worden. Ein neues Projekt ist die Gründung eines „Galka-Emmy-Scheyer- Zentrums“. Galka Scheyer kam aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Braunschweig und gründete später mit Paul Klee, Kandinsky, Jawlensky und Feininger die Künstlergruppe „Die blaue Vier“. Näheres dazu unter: www.galka-scheyer.de
XII. Fritz Bauer Freundeskreis
Wegen der Corona-Pandemie finden bis auf Weiteres keine Treffen mehr des Freundeskreises statt.
Weitere Infos zum Freundeskreis sind zu finden auf der Webseite www.fritz-bauer-Freundeskreis.de.
Auf Anregung von Irmtrud Wojak ist eine „Chronik“ des Kreises geplant. Der Freundeskreis besteht seit 2011 und ist gewissermaßen auch ein Spiegel der Wiederentdeckung von Bauer seit dieser Zeit.
Viele Grüße
Udo Dittmann