Infos zu Fritz Bauer – August 2021

Liebe Interessenten des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)

  1. Verleihung des Fritz Bauer Studienpreis 2021
    Am 1.Juli 2021 wurde in Berlin im Ministerium für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) der diesjährige Fritz Bauer Studienpreis für Menschenrechte und juristische Zeitgeschichte verliehen. Der Preis war 2015 vom damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas gestiftet worden. Den Preis erhielt Dr.Juliane Ohlenroth (Universität Augsburg) für ihre Dissertation „Der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone und die Aufarbeitung von NS-Unrecht“.
    Der Preis von der Justizministerin Christine Lambrecht übergeben, die Laudatio hielt Christoph Flügge, ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien. Der 1.Juli wurde zur Erinnerung an Fritz Bauer gewählt – da er am 1.7.1968 verstarb.  Ein kurzer Bericht im Anhang.                Anhang 1                                                                                                                                                             https://www.bmjv.de/DE/Themen/ProjekteUndFoerderung/FritzBauer/FritzBauer_node.html
  1. Fritz Bauer Ausstellung „Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht“ – eine Ausstellung des Fritz Bauer Institutes und des Jüdischen Museums Frankfurt: in Berlin und Braunschweig
    – in Berlin: vom 28.04- 17.10.2021
    Ort:  Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin
    Dazu ein filmischer Ausstellungsrundgang mit der Kuratorin Dr. Monika Boll
    https://www.topographie.de/ausstellungen/sonderausstellungen/#c6569
    – in Braunschweig : vom 1.11.2021- 7.1.2022
    Ort: Städtisches Museum Braunschweig, Steintorwall 14, 38100 Braunschweig
    Ein Begleitprogramm wird derzeit erstellt
    Weitere Infos unter:
    https://www.fritz-bauer-institut.de/ausstellungen/fritz-bauer-der-staatsanwalt
  1. Grundsteinlegung für das neue Fritz Bauer Forum (Bochum) – am 11.08.2021
    In Bochum wird am 11. August 2021 der Grundstein für das Fritz Bauer Forum gesetzt. Am Ort der ehemaligen Trauerhalle Havkenscheid entsteht ein Zentrum für Menschenrechte mit einer interaktiven Bibliothek, Seminar-, Atelier- und Ausstellungsräumen, einem Café und einem Garten. https://www.fritz-bauer-forum.de/events/grundsteinlegung-fritz-bauer-forum/ 
    Die Initiatorin des neuen Forums ist Irmtrud Wojak, die die erste umfangreiche Biographie zu Bauer geschrieben hatte. Die Gründung wird von der Stadt Bochum unterstützt. Die Grundsteinlegung findet von 12.00- 13.00 Uhr statt.
  1. Jahresbericht 2020 des Fritz Bauer Institutes
    Im Jahresbericht 2020 werden auch verschiedene neue Informationen zu Fritz Bauer bzw. zu seinen Schriften erwähnt:
    – Sachverzeichnis zu „Fritz Bauer. Kleine Schriften“. Erstellt von Inga Steinhauser. Frankfurt. 2020. 89 Seiten (PDF Datei).
    In diesem Verzeichnis werden die vielen Themen aufgelistet, mit denen sich Fritz Bauer in seinen Veröffentlichungen befasst hat. Das Verzeichnis kann als PDF-Datei von der Webseite des Institutes heruntergeladen werden.
    https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/download/publikationen/kleine-schriften-sachverzeichnis.pdf
    – Frühe (Foto-) Aufnahmen Fritz Bauers (Neuerwerbungen des Archivs des Fritz Bauer Institutes) Im Frühjahr 2020 erhielt das Archiv des Fritz Bauer Instituts durch Vermittlung des Juristen und Journalisten Ronen Steinke zehn Fotographien der Familie Bauer aus den 1920er Jahren. Nachdem Steinkes Biographie über Fritz Bauer in den USA erschienen war, hatte sich eine Nichte zweiten Grades an den Autor gewandt und berichtet, dass sie über ein Fotoalbum aus dem Nachlass ihrer Eltern mit frühen Aufnahmen Fritz Bauers verfüge. (S. 143 ff)
    – Neuer Dokumentarfilm zu Fritz Bauer in Entstehung: Seit 2020 arbeitet die Filmemacherin Isabel Guthof an einem neuen Dokumentarfilm zu Fritz Bauer mit dem Titel „Fritz Bauers Erbe – Die NS-Prozesse im Spiegel der Zeit“. Der Film soll auch in Kinos gezeigt werden. (S.134 f)
    Der Jahresbericht steht auf der Webseite des Fritz Bauer Institutes als Download zur Verfügung. Die obigen Angaben in Klammern verweisen auf die Seiten im Jahresbericht: Publikation als Download (PDF)
  1. Zu Hitlers Einbürgerung in Braunschweig (1932)
    Hitler war von 1925- 1932 staatenlos. Dadurch hatte er kein aktives und passives Wahlrecht in Deutschland. Ein besonderes Problem für ihn war daher, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Das war nicht ganz einfach. Braunschweig spielte dabei eine besondere Rolle. Nur hier konnte er aufgrund der besonderen Umstände die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen, da es nur hier ab 1930 eine Regierung gab, in der die NSDAP mit bürgerlichen Parteien regierte. In Thüringen war zuvor die erste Regierung mit NSDAP-Beteiligung gescheitert, und zwar an der Frage der Einbürgerung Hitlers (April 1931).
    In Braunschweig sollte er erst Professor an der TU werden, aber die Hochschullehrer wehrten sich dagegen. Dann stand die Reichspräsidentenwahl im Frühjahr 1932 an. Hitler wollte gegen Hindenburg kandidieren, konnte es aber nicht, da er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hatte. Schließlich wurde er in einem „Krimi“ Braunschweigischer Regierungsrat an der Braunschweiger Botschaft in Berlin (25.2.1932), gemeldet als Untermieter im Hohetorwall 7, Braunschweig.
    Über die Zusammenhänge ist wenig bekannt und selbst in den bekannten Hitler-Biographien findet sich wenig (bis gar nichts) dazu. Dabei handelt sich um Ereignisse, die möglicherweise den Verlauf der deutschen Geschichte stark veränderten hätten. Bis zuletzt war es unklar, ob er in Braunschweig die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten konnte.
    Über die Ereignisse berichtet der Historiker Ulrich Menzel in seinem neuen Buch „Die Steigbügelhalter und ihr Lohn. Hitlers Einbürgerung in Braunschweig als Weichenstellung auf dem Weg zur Macht“ (2020). Akribisch listet er die Umstände auf, die zu Hitlers Einbürgerung führten – auch mit vielen Quellen, die jetzt zugänglich sind. Ein lesenswertes Buch, das eine Lücke in der bisherigen Geschichtsschreibung schließt. Die Sonderrolle, die Braunschweig in der Zeit von 1930-1933 für die deutsche Geschichte spielte, kommt darin deutlich zum Ausdruck. Siehe dazu auch den Kommentar im Anhang.               Anhang 2
    Ulrich Menzel: Die Steigbügelhalter und ihr Lohn. Hitlers Einbürgerung in Braunschweig als Weichenstellung auf dem Weg zur Macht und die Modernisierung des Braunschweiger Landes. Hrsg. vom Braunschweiger Geschichtsverein. Braunschweig. 2020.  (34,80 €)
  1. Die Fritz Bauer Gesamtschule in St.Augustin (NRW)
    Vor einigen Jahren benannte sich die Gesamtschule in St.Augustin (bei Bonn) nach Fritz Bauer. Bei einzelnen Veranstaltungen ist zwar ein Bezug zu Fritz Bauer zu erkennen, allerdings ist auf der Webseite leider kein Artikel zu Bauer enthalten. Das ist schade, da es doch insgesamt eine sehr engagierte Schule ist. Im September 2020 erhielt sie die Auszeichnung als MINT-freundliche Schule. Sehenswert ist dazu der Beitrag auf der Webseite mit dem Logo der Schule und einem Foto von Bauer.               Anhang 3
    https://fbges.de/auszeichnung-als-mint-freundliche-schule.html
  1. Fritz Bauer: Die Kriegsverbrecher vor Gericht
    Leider ist das Buch von Fritz Bauer „Die Kriegsverbrecher vor Gericht“ (1945) nicht mehr im Handel (auch nicht antiquarisch) erhältlich. Dabei handelt es sich um ein Buch, das durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Bauer hatte es 1944 im Exil in Schweden geschrieben. Es ist – angesichts der Zeitumstände – überaus sachlich und informativ geschrieben und hatte auch indirekt über Robert Kempner, dem stellvertretenden Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen, einen gewissen Einfluss ausgeübt.

Nun kam an den Fritz Bauer Freundeskreis eine Anfrage aus der Schweiz, wie man das Buch bekommen könnte: „Seit langem bin ich auf der Suche nach dem Band „Die Kriegsverbrecher vor Gericht“ von Fritz Bauer; leider erfolglos, da das Buch vom Markt verschwunden scheint.
Meine Anfragen beim Fritz-Bauer-Institut und beim Europa-Verlag brachten ebenfalls keinen Erfolg, ebensowenig meine häufige Suche auf verschiedenen Antiquariatsportalen. Haben Sie eine Idee, wo ich es noch probieren könnte?“
Ein Exemplar gab es im Archiv des Georg Eckert Institutes in Braunschweig. Der Freundeskreis fertigte eine Kopie an und schickte es in die Schweiz. Wäre es nicht wünschenswert, dass dieses Buch – wie auch weitere Bücher von Bauer – neu aufgelegt werden könnte? Es wäre eine gute Ergänzung zu der aufwändigen und wichtigen Herausgabe der „Kleinen Schriften“ von Bauer.

  1. NS-„Euthanasie“
    – 3.Bundesweiter Theater-Wettbewerb zu Biographien der Opfer der NS-Euthanasie“- Verbrechen Der Förderkreis Gedenkort T4 e.V. möchte auf einen Theater-Wettbewerb hinweisen und dazu herzlich einladen. Die Veranstaltungen finden im Rahmen der bundesweiten Auslobung des Theater- Wettbewerbs für Schul- und Jugendtheater andersartig gedenken on stage zu Biografien der Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen statt. Es können Theater AGs, aber auch Geschichtsklassen anmelden.
    Der Einsendeschluss war allerdings schon am 1.Juni 2021. Die Preisverleihung wird im Herbst 2022 in Berlin sein. Die Webseite (siehe oben) ist sehr ansprechend.
    – Gerrit Hohendorf (9.2.1963- 12.Juli 2021)
    Am 12.Juli 2021 verstarb Gerrit Hohendorf. Er war ein führender internationaler Experte auf dem Gebiet der Aufarbeitung der NS-Medizin und NS-Euthanasie und Leiter des Arbeitsbereiches Medizingeschichte am Institut für Geschichte und Medizin an der TU München. Im „Arbeitskreis zur Erforschung der NS-Euthanasie und Zwangssterilisation“ war er eine der tragenden Personen, die immer mit Rat und Tat zur Verfügung standen.
    Im Anhang der Nachruf des „Arbeitskreises“ für diesen außergewöhnlichen Menschen, der in der SZ am 24.Juli 2021 erschien.                                       Anhang 4
    http://www.get.med.tum.de/gerrit_hohendorf
  1. Alt-Rehse
    Alt-Rehse (bei Neubrandenburg) war in der NS-Zeit die zentrale Fortbildungsstätte der NS-Ärzteschaft. Inzwischen ist es eine „Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte“ mit Tagungen zu medizinischen Themen. Anfang September 2021 findet dort eine Tagung über die Corona-Pandemie und die Auswirkungen auf die freiheitliche demokratische Grundordnung, die staatlichen Organe und die Zivilgesellschaft statt. 1./2. September 2021 
  1. Ethik-Tagung der Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt-Rehse
    „Demokratie, Krankheit und Gesundheit in Zeiten der Pandemie“
    Die Tagung findet als Hybrid-Veranstaltung statt. Info und Flyer im Anhang.      Anhang 5/ 5a
    http://www.ebb-alt-rehse.de/files/forum.htm
  1. Weitere Themen
    – Kolonialismus:
    Claus Kristen: Ein Leben in Manneszucht. Von Kolonien und Novemberrevolution. „Städtebezwinger“ Georg Maercker. 2018.
    Nicht erst seit dem Buch von Jürgen Zimmerer „Von Windhuk nach Auschwitz“ besteht die Frage nach möglichen Verbindungslinien zwischen Kolonialverbrechen und Holocaust. Eine Verbindung zwischen Kolonialverbrechen zur Novemberrevolution zieht Claus Kristen in seinem Buch über Georg Maercker, der in leitender Funktion am Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika teilgenommen hatte und später in Freikorps an Niederschlagungen von Aufständen in Deutschland beteiligt war.                        Anhang 6

– Postkolonialismus:
Ruanda und die Gacaca-Prozesse nach dem Völkermord
Gerd Hankel: Ruanda. Leben und Neuaufbau nach dem Völkermord. Wie Geschichte gemacht und zur offiziellen Wahrheit wird. Springe. 2016.
Der Völkermord 1994 in Ruanda hatte ca. 800.000 Opfer. Für die Haupttäter wurde das Ruanda-Tribunal mit dem Strafgerichtshof in Arusha/ Tansania eingerichtet. Für die „kleinen“ Täter gab es in Ruanda von 2005- 2012 die Gacaca-Gerichte, die auf einer traditionellen Rechtsprechung aufbauten.
Allerdings behandelten diese nur Verbrechen an der Bevölkerungsgruppe der Tutsi und konnten damit nur bedingt zur Versöhnung beitragen. Gerd Hankel berichtet in seinem Buch über die Probleme dieser Rechtsprechung, die sich in einem Land abspielten, das nach dem Völkermord durch die Ambivalenz von Modernität und Repression gekennzeichnet ist.                                              Anhang 7

– Internationaler Strafgerichtshof
Zur ehemaligen Chefanklägerin Carla Del Ponte der Strafgerichtshöfe zu Ex- Jugoslawien und Ruanda
Anbei ein aktuelles Interview aus dem Spiegel (Nr.24/ 12.6.2021) mit Carla Del Ponte und ihre Einschätzung zur Situation des internationalen Rechts. Sie warnt davor, „dass das internationale Recht zerfällt“. Letztlich müssen auch die Großmächte wie USA oder Russland die Bereitschaft zeigen, sich stärker einzubringen.                         Anhang 8

  1. Braunschweig
    – Gedenkstätte KZ-Außenlager Schillstraße
    Dienstag, 3.8.2021, 17 Uhr
    Enthüllung von zwei neuen Gedenktafeln zu Opfern der NS-„Euthanasie“ in der Gedenkstätte Schillstraße. Der Termin ist bewusst gewählt, da vor 80 Jahren am 3. August 1941 der katholische Bischof Clemens August Graf von Galen im Dom von Münster eine mutige Predigt hielt, die wesentlich zum Stopp der NS-„Euthanasie“ -Morde beitrug.
    http://www.schillstrasse.de/aktuell
  1. Fritz Bauer Freundeskreis
    Das nächste Treffen des Fritz Bauer Freundeskreises wird am 27.09.2021 um 17 Uhr im DGB-Haus, Braunschweig, Wilhelmstraße 5 stattfinden.                               Anhang 9
    Bei dem Treffen wird auch auf die 10jährige Geschichte des Fritz Bauer Freundeskreises hingewiesen. Das erste Treffen fand am 26.September 2011 ebenfalls im DGB-Haus statt. Seitdem gab es die regelmäßigen Treffen alle zwei Monate sowie die Rundbriefe des Fritz Bauer Kreises. Einige Infos zur Geschichte des Kreises sind auf der Webseite zu finden:
    http://fritz-bauer-freundeskreis.de/chronik-des-fritz-bauer-freundeskreises

Viele Grüße

Udo Dittmann