Fritz Bauer Info Juni 2021

Liebe Interessenten des Fritz Bauer Freundeskreises,
anbei wieder einige aktuelle Infos zum Thema Fritz Bauer:
(Anhänge nur im Originalrundbrief)

I. Bekommt Fritz Bauer eine Büste in der Walhalla?
Es klingt schon sehr eigentümlich, wenn Fritz Bauer möglicherweise in der Walhalla bei Regensburg erscheint. Immerhin hat Ludwig Spaenle, der Beauftragte des Freistaats Bayern gegen Antisemitismus, diesen Vorschlag gemacht. Jakob Wetzel berichtet in der Süddeutschen Zeitung (12.5.2021) darüber.
Man wird sehen. Bauer, der zu Lebzeiten kaum eine Ehrung erhielt, wird inzwischen sehr geschätzt. Es wäre zu wünschen. Derzeit sind dort 131 Büsten aufgestellt, von alten Kaisern bis zu Sophie Scholl. Das nächste Auswahlverfahren für die Walhalla beginnt voraussichtlich 2023. Die Entscheidung trifft das bayerische Kabinett. In die Auswahlliste ist wohl Bauer schon aufgenommen, wie der Minister Sibler erklärt.
https://www.sueddeutsche.de/bayern/donaustauf-walhalla-ehrung-fritz-bauer-1.5291093

II. Fritz Bauer Ausstellung „Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht“ wird im Herbst 2021 nach Braunschweig kommen
Es ist geplant, dass die große Frankfurter Ausstellung „Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht“ in der Zeit vom 1.11.2021- 7.1.2022 nach Braunschweig kommt und dort im Städtischen Museum gezeigt wird. Derzeit wird gerade ein Begleitprogramm vorbereitet.
Die Ausstellung war bisher in Frankfurt, Erfurt, Heidelberg, Tübingen, Laupheim, Köln, Dresden, Dorsten und Nürnberg zu sehen. Zur Zeit ist sie in Berlin im Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“, Niederkirchnerstraße 8, aufgestellt (vom 28.April- 17.Oktober 2021). Im Begleitprogramm gibt es folgende Veranstaltungen:
– Dienstag, 13.Juli 2021
Fritz Bauer und der Umgang mit der NS-Vergangenheit. Vortrag und Lesung. Mit Lena Foljanty (Wien) und David Johst (Halle), Moderation: Stephanie Bohra (Berlin)
– Dienstag, 31. August 2021
Diener des Rechts und der Vernichtung. Das Verfahren gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941 oder: Die Justiz gegen Fritz Bauer Buchpräsentation Christoph Schneider (Frankfurt); Moderation: Tobias Freimüller (Frankfurt)
– Dienstag, 12. Oktober 2021
Fritz Bauer und der Auschwitz-Prozess. Vortrag von Sybille Steinbacher (Frankfurt).
Moderation: Annette Weinke (Jena)
Siehe auch: https://www.topographie.de/topographie-des-terrors

III. Marit Tiefenthal, die Nichte von Fritz Bauer, im SWR-Fernsehen
Im März 2021 war die Nichte von Fritz Bauer, die in Skandinavien lebt, zu Gast in der Quizsendung des SWR „Ich trage einen großen Namen“. In dieser Sendung sollen die Namen von Gästen erraten werden, die Nachfahren bekannter Persönlichkeiten sind. Am 23.Mai 2021 wurde die Sendung mit dem Titel „Der Herzhafte und der Unbeugsame“ (Folge 696) wiederholt und ist bis zum 23.06.2021 in der Mediathek des SWR verfügbar.
https://www.ardmediathek.de/video/ich-trage-einen-grossen-namen/der-herzhafte-und-der-unbeugsame/swr-fernsehen/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE0NjU1ODY

IV. Humanistische Union: Fritz Bauer Preis und Bauer-Briefmarke
Die Humanistische Union wurde 1961 von Fritz Bauer mit begründet. Nach seinem plötzlichen Tod 1968 stiftete sie den Fritz Bauer Preis, der seit 1969 regelmäßig verliehen wird. Gerade in der Zeit, in der Fritz Bauer „vergessen“ war, wurde durch diesen Preis immer wieder an ihn erinnert. Die Liste der Preisträger ist lang, von Helga Einsele, Gustav Heinemann, Günther Grass, Helmut Kramer, Joachim Perels bis zu Edward Snowdon. Anbei die Liste mit den Preisträgern. Der letzte Fritz Bauer Preis wurde 2018 an Hans-Christian Ströbele verliehen.
http://www.humanistische-union.de/veranstaltungen/buergerrechtspreise/fritz_bauer_preis
Außerdem ist auf der Webseite ein Hinweis auf die Fritz Bauer Briefmarke des Künstlers Klaus Staeck zu sehen – auch mit einer Anleitung, wie man bei der Post diese „eigene“ Briefmarke in Druck geben kann.

V. Fritz Bauer Institut
Mi, 7. Juli 2021, um 18.15 Uhr „Vergessene“ Opfer. Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen 1941-1945. Vortrag von Dr. Jörg Osterloh  Livestream auf You Tube:  https://youtu.be/eS-NDreDCsM

Programm-Flyer (Juni-Juli 2021) des Fritz Bauer Institutes als download:
https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/download/veranstaltungen/FBI_Programm_2021-3.pdf

Jahresbericht 2020 als download:
https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/jahresbericht/jahresbericht-2020.pdf

VI. Fritz Bauer Forum (Bochum) – Raphael Lemkin
Am 11. Juni 2021 führte das Fritz Bauer Forum eine Online-Veranstaltung durch über „Raphael Lemkins Autobiographie und ihre Bedeutung für die Diskussion über Genozid heute“.
https://www.fritz-bauer-forum.de/events/raphael-lemkin-seine-autobiografie-und-die-debatten-um-genozid-heute/
Die Leitung des Fritz Bauer Forums hat Irmtrud Wojak. Inzwischen finden dort regelmäßig  Veranstaltungen über Fritz Bauer und Menschenrechtsthemen statt. Den Newsletter ist zu abonnieren über info@buxus-stiftung.de

VII. Koppe-Stiftung
Die Frankfurter Koppe-Stiftung unterstützt im Raum Frankfurt/ Leipzig Projekte zur Musik und zur Erinnerung. Gegründet wurde sie 2013. Beim Thema Erinnerung will die Stiftung über das Wachhalten der Erinnerung an Opfer von Gewaltherrschaft wie z. B. dem Nationalsozialismus einen Beitrag zur Toleranz und zur Achtung der Menschenrechte leisten, vor allem aber daran mitwirken, dass menschenfeindliche Strukturen keinen Nährboden finden und Freiheit und Demokratie in Deutschland und Europa erhalten bleiben.“ Die Stiftung fühlt sich dem Auftrag des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ verpflichtet. Auf ihrer Webseite ist die Inschrift aus Art. 1 des Grundgesetzes zu sehen, die sich am Landgericht Frankfurt befindet und die auf den früheren hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer zurückgeht.
www.koppe-stiftung.de

VIII. Auschwitz-Prozess: Tonbandmitschnitte, Protokolle, Dokumente (DVD)
Im Frankfurter Auschwitz-Prozess wurden „zur Stützung des Gedächtnisses des Gerichts“ ausnahmsweise Tonbandaufnahmen angefertigt. Diese hätten nach Ende des Verfahrens vernichtet werden sollen, wozu es aber (glücklicherweise) nicht kam. 2004 brachten das Fritz Bauer Institut und das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau eine DVD mit mehr als 100 Stunden Auswahl aus den Audioaufnahmen sowie weiteren Dokumenten, Fotos und Karten heraus.
Auf der Webseite www.auschwitz-prozess.de können die Aufnahmen jedoch eingesehen und angehört werden. Die einzelnen Beiträge sind schon sehr eindrücklich, seien es die einzelnen Zeugenaussagen oder die der Staatsanwälte oder der Verteidiger.
Eine Neuauflage der DVD ist zu beziehen über: www.versand-as.de  (19,90 € (zzgl. Versand).
Außerdem ist dazu das Buch „Der Auschwitz-Prozess auf Tonband. Akteure, Zwischentöne, Überlieferung“ von Sybille Steinbacher, Katharina Rauschenberger (Hrsg), Göttingen. 2020.  (Kleine Reihe des Fritz Bauer Institutes), 112 S. (14,90 €) neu erschienen.

  1. Der Huppenkothen-Prozess
    Zum Aufnahmeverbot von Film- und Rundfunkaufnahmen in westdeutschen Gerichten
    Wegen mehrfacher Beihilfe zum Mord wurde 1951 vor dem Münchener Landgericht Anklage gegen den früheren SS-Standartenführer und Abteilungsleiter des Reichsicherheitshauptamtes Walter Huppenkothen erhoben. Ihm wurde vorgeworfen, als Ankläger an Todesurteilen gegen Mitglieder des konservativen Widerstands beteiligt gewesen zu sein. Dazu gehörten u.a. Dietrich Bonhoeffer, Wilhelm Canaris, Hans von Dohnanyi, Hans Oster, die am 9. April 1945 hingerichtet wurden.
    Außer der besonderen Bedeutung der Angeklagten beinhaltete dieser Prozess auch in medienhistorischer Sicht eine Besonderheit, da auch Filmaufnahmen angefertigt wurden. In den 50er Jahren waren Rundfunk- und Filmaufnahmen in bundesdeutschen Gerichtssälen noch möglich. Erst ab dem 1. Januar 1964 gab es in der Bundesrepublik ein umfassendes Film- und Rundfunk -aufnahmeverbot während einer laufenden Gerichtsverhandlung. Wahrscheinlich hängt dieses Aufnahmeverbot mit einem der Folgeprozessen zu Huppenkothen (und später auch zum früheren NS-Richter Thorbeck) zusammen. Weitere Infos dazu im Filmblatt 58/59 von 2015/ 2016.      Anhang 1

X. Eichmann im Kalten Krieg (DVD)
Eine neue DVD zeigt eine ganz neue und ungewohnte Sicht auf den Eichmann-Prozess (1961). Es geht um die deutsch- deutsche Berichterstattung über den Eichmann-Prozess mit Filmaufnahmen des NDR („Eine Epoche vor Gericht“), des „Internationalen Frühschoppens“ von Werner Höfer und dem „Schwarzen Kanal“ von Karl Eduard von Schnitzler (DDR). Es sind nicht die bekannten Bilder vom Eichmann-Prozess, die gezeigt werden. Durch die Filmauswahl taucht man neu in die Epoche ein, die voller Spannungen war. Auf diesem Hintergrund ist auch neu der Auschwitz-Prozess zu verstehen, den Bauer dann in Frankfurt in Gang brachte.
Judith Keilbach, Irmgard Zündorf (Hrsg). Eichmann im Kalten Krieg. DVD. 2021. (223 min)
https://absolutmedien.de/film/2016/EICHMANN+IM+KALTEN+KRIEG

XI. Sekretärin im KZ Stutthof – Wie viel Schuld trägt jemand, der das Lager nie betreten hat?
Am Landgericht Itzehoe wird zur Zeit entschieden, ob die Anklage gegen Irmgard Furchner zugelassen wird. Sie hatte als Sekretärin des Kommandanten im KZ Stutthof gearbeitet, aber das Lager nie betreten. Der Spiegel berichtete in einem Beitrag vom 8.5.2021 darüber.               Anhang 2

XII. „Judenpack“-Rufe sollen auch ohne Strafantrag geahndet werden – Niedersachsens Justizministerin will eine Änderung auf Bundesebene anschieben
Nach Vorfällen in Braunschweig, als es im Umfeld einer Demonstration zu Rufen  wie „Judenpresse“, „Feuer und Benzin für euch“ und „Judenpack“ kam, hatte zunächst die Staatsanwaltschaft Braunschweig keine Möglichkeit gesehen, dagegen weiter zu ermitteln. Nach Protesten hatte die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig am 10 Mai 2021 weitere Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Beleidigung neu angeordnet. Inzwischen soll eine Gesetzesänderung auf Bundesebene angestrebt werden, damit die Staatsanwaltschaften in Zukunft besser tätig werden können. Siehe dazu im Anhang in der Braunschweiger Zeitung vom 14.05.2021.         Anhang 3

XIII. NS-Euthanasie– Herbsttagung des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-Euthanasie und Zwangssterilisation
vom 12.11.- 14.11.2021 in der Gedenkstätte Brandenburg
www.ak-ns-euthanasie.de

– „Die Anstalt Wiesengrund und ihre Patienten, 1938- 1946“. Deutsch-tschechische Tagung
vom 17.- 19 11.2021 in der Sozialakademie „Haus Silberbach“, 95100 Selb (Bayern) mit Vorstellung des deutsch-tschechischen Buches „NS-Euthanasie. Lebensunwertes Leben versus unantastbare Menschenwürde“ Flyer und Programm siehe Anhang                          Anhang 4/ 4a


– Bundesweiter Theater-Wettbewerb zu Biographien der Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen
Der Förderkreis Gedenkort T4 hat in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden
Europas die Reihe „andersartig gedenken“ ausgelobt. Dazu gab es im Mai 2021 Workshops und eine digitale Führung.                                               Anhang 5

XIV. Internationaler Strafgerichtshof
Anbei ein Kommentar zum Buch von Helmut Strizek: Der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda/ in Arusha/ Tansania. Frankfurt 2015. Strizek stellt die allgemein vorherrschende Interpretation des Völkermordes in Ruanda in Frage und sieht insbesondere auch eine Mitschuld der RPF (Ruandische Patriotische Front). Er kritisiert, dass der Abschuss der Präsidentenmaschine am 6. April 1994 nicht vor dem Ruanda-Tribunal verhandelt wurde, obwohl es der wesentliche Auslöser für den Völkermord gewesen war. Politische Interessen mögen diese Untersuchungen verhindert haben. Die Fragen hierzu spielen auch in der Gegenwart noch eine Rolle.                                   Anhang 6

XV. Fritz Bauer Freundeskreis
Nach der langen Corona-Pause wird sich der Fritz Bauer Freundeskreis wieder in Präsenz treffen, und zwar am Montag, den 26. Juli 2021, um 17 Uhr im DGB-Haus Braunschweig, Wilhelmstraße 5. Die Auflagen, die wegen der Pandemie gelten, sind entsprechend einzuhalten.                   Anhang 7

Am 26. Juni 2021 wird es im Radio Okerwelle eine Sendung zum „Remer-Prozess und Fritz Bauer“ geben (15 Uhr).

Mit vielen Grüßen

Udo Dittmann